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Eincremen. Schon Kinder sollten wissen, wie man sich in der Sonne verhält. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Gesundheit: Strahlenschutz am Strand

Spätestens das Himmelfahrtswochenende hat es gezeigt: Der Sommer ist da Und damit auch die Gefahren von Sonnenbrand und Hautkrebs. Einige Tipps zum Aufenthalt im Freien

Ingeborg Bachmann wusste, worauf es ankommt: „Nichts Schönres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein“, schrieb sie 1956 in dem Gedicht „An die Sonne“. Licht und Wärme der Sonne sind nicht nur Balsam für die Seele. Wir brauchen das UV-Licht auch, weil es die Produktion von Vitamin D ankurbelt. Doch wie alles, was über die Maßen genossen wird, kann das Sonnenlicht Schlimmes anrichten, von der akuten Folge Sonnenbrand über Dauerschäden wie Falten und Flecken bis hin zu Hautkrebs. Aus der Sicht von Hautärzten hat der Mensch eine Art von „UV-Konto“, auf dem sich die Risiken summieren. „Das ist wahrscheinlich das einzige Konto, von dem man nichts abheben kann“, sagt Eggert Stockfleth, Leiter des Hauttumorzentrums der Charité und der European Skin Cancer Foundation (ESCF).

Dafür beginnen wir Mitteleuropäer immer früher im Jahr damit, auf das UV-Konto einzuzahlen. Und das nicht allein, weil wir der Sonne gern schon im Frühling entgegenreisen. 2011 strahlte schon im April auch hierzulande die Sonne, wie Stockfleth berichtet, mit einer Intensität, wie wir sie früher nur im Hochsommer hatten. Grund ist das Wandern des „Ozonlochs“ von der Arktis in Richtung Mitteleuropa, was eine geringere Konzentration des schützenden Ozons in der Stratosphäre bedeutet.

Wo die Sonne immer früher immer intensiver scheint, sollte der Mensch auch möglichst früh lernen, sie umsichtig zu genießen, meinen die Hautärzte. Ein Pilotprojekt namens SunPass, das die ESCF zusammen mit der Barmer GEK gestartet hat, soll schon in der Kita das nötige Know-how vermitteln. Auch Erzieher und Eltern werden geschult. Einrichtungen, die wichtige Grundregeln im Umgang mit den Sonnenstrahlen beherzigen, können sich anschließend „Sonnenschutzkindergarten“ nennen. Bisher haben bundesweit über 5000 Kinder aus 55 Kindergärten gelernt, wie man sich richtig verhält, wenn die Sonne ausdauernd scheint: Eine Kopfbedeckung tragen, möglichst im Schatten spielen, sich eincremen. Auch 20 Berliner Kitas machen bei dem Projekt mit.

Was die Kleinen noch nicht lernen: Es sind ultraviolette Strahlen vom Typ A und B, die uns bräunen, weil sie in der Haut die Bildung von Pigmenten anregen – und die Haut, ebenso wie Schweiß und eine Verdickung der Hornhaut, dadurch ein wenig schützen. Das langwelligere UV-A dringt tiefer in die Haut ein und beschleunigt deren Alterung. Der Lichtschutzfaktor (LSF), der auf der Packung angegeben ist, bezieht sich streng genommen auf das UV-B. „Gute Sonnenschutzprodukte müssen aber in beiden Strahlenbereichen wirken“, sagt Stockfleth. Ob sie auch gegen UV-A schützen, zeigt ein Hinweis auf der Packung. Für den Aufenthalt in der Sonne gilt folgende Rechnung: Den LSF multiplizieren mit der Anzahl an Minuten, die man in der Sonne verbringen kann, ohne einen Sonnenbrand zu bekommen. Wie lange das ist, sollte jeder selbst einschätzen können, es hängt auch vom individuellen Hauttyp ab. Ein LSF 30 bedeutet, dass man 30 mal so lange in der Sonne bleiben kann.

Doch diese Rechnung hat ihre Tücken: Erstens sollte ein Sonnenschutzprodukt nicht dazu verleiten, diese Zeit voll auszureizen. Zweitens zeigt eine Studie, die der Charité-Hautarzt Jürgen Lademann und seine Mitarbeiter am Müggelsee und an der Ostsee an freiwilligen Sonnenbadenden durchgeführt haben, dass viele von ihnen nachlässig waren, kaum einer hatte seine Blößen vollständig und ausreichend mit Creme bedeckt. „Produkte mit hohem Lichtschutzfaktor wurden dabei noch weniger gut aufgetragen“, berichtet der Charité-Dermatologe Claas Ulrich. Während Otto Normalverbraucher nach Ansicht der Hautärzte mit LSF 25 bis 30 ausreichend geschützt ist, sollten etwa Menschen, die eine Organtransplantation hinter sich haben und deren Immunsystem mit Medikamenten heruntergedimmt wurde, Sunblocker mit LSF 50 auftragen. Denn für sie ist die Gefahr, Hautkrebs zu bekommen, besonders hoch.

Nicht nur für sie, sondern für alle Erwachsenen ab 35 Jahren bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen seit drei Jahren alle zwei Jahre eine Untersuchung auf Veränderungen der Haut. „Dieses Hautkrebsscreening ist eine ausgesprochen sinnvolle Sache, denn Hautkrebs ist gut behandelbar, die Untersuchung ist leicht durchzuführen, und man kann hier sogar Vorstufen und frühe Stadien entdecken“, urteilt der Sozialmediziner Thomas Diepgen von der Uni Heidelberg. Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zeigen, dass in den ersten beiden Jahren nach der Einführung der Untersuchung 13 Millionen Menschen das Angebot ihrer Kasse angenommen haben. „Das sind knapp 30 Prozent der Anspruchsberechtigten“, rechnet Diepgen vor. In einer repräsentativen Umfrage, die die Deutsche Dermatologische Gesellschaft in Auftrag gegeben hat, hielten sogar 93 Prozent der Bürger das Screening prinzipiell für gut.

Am häufigsten entdecken die Haus- oder Hautärzte dabei Basalzellkarzinome und Aktinische Keratosen. Letztere sind eine Frühform des „hellen“ Hautkrebses sowie „ein deutlicher Hinweis auf chronisch lichtgeschädigte Haut“, wie Stockfleth erklärt. Der „schwarze“ Hautkrebs, das Melanom, ist wesentlich seltener, dafür aber besonders gefährlich. Die Aktinischen Keratosen müssen heute nicht unbedingt herausgeschnitten werden, es gibt auch die Option, sie mit Cremes oder Gelees zu behandeln. Konfokale Lasermikroskope machen es zudem prinzipiell möglich, eine Diagnose zu stellen, ohne dafür eine Gewebeprobe zu entnehmen. „Bisher gibt es diese Mikroskope in Europa aber nur an rund 30 Unikliniken, unter anderem bei uns in Berlin an der Charité“, sagt Stockfleth.

Weitere Informationen zum Thema Hautkrebs, über Behandlungsmethoden und -möglichkeiten in Berlin auf dem Portal www.gesundheitsberater-berlin.de

 Adelheid Müller-Lissner

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