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Gesundheit: „Unis schotten sich ab“

Berliner Studierende leiden an Hürden zwischen den Hochschulen, kritisiert der Senator

Berlin hat wieder eine Mauer. Sie verläuft zwischen den drei großen Universitäten und hindert die Studierenden daran, sich frei zwischen ihnen zu bewegen. So sieht es Wissenschaftssenator Thomas Flierl (Linkspartei). Die Unis seien voneinander „abgeschottet“, Berlins Hochschulraum „zerklüftet“. Studierende, die gerne Kurse an einer Berliner Uni belegen wollten, an der sie nicht eingeschrieben seien, hätten es schwer wie nie zuvor. Ursache seien ausgerechnet die neuen Bachelorstudiengänge. Von Europas Bildungsministern beschlossen, um die Mobilität von Studierenden in einem europäischen Hochschulraum zu fördern, bewirkten sie das Gegenteil: Sie bremsten die akademische Neugier schon an der eigenen Haustür.

Das ist nicht im Wesen von Bachelor und Master begründet, sondern liegt an der Art und Weise, wie die Hochschulen die Reform bislang umgesetzt haben, sagte Flierl: „Es gibt einen starken Hang zur Verschulung und Spezialisierung“. Viele Fachbereiche hätten bei der Reform die Studiengänge „vollgestopft“. Auch seien die alten Inhalte einfach nur in die neuen Studiengänge „übersetzt“ worden, ohne aber den neuen Geist zu beachten: die Hochschulen sollen Bausteine anbieten, die die Studierenden – gerne von mehreren Unis in ganz Europa – einsammeln und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen. Das aber setze Kompatibilität voraus, inhaltlich und formal.

Wollen Berlins Studierende über den Gartenzaun ihrer eigenen Uni blicken, beginnen die Probleme schon bei der Kurswahl. Gemeinsame Vorlesungsverzeichnisse, in denen die Unis das Angebot eines Gebiets gemeinsam darstellen, fehlen, kritisierte der Senator. Verwirrung entstehe dann durch eine unterschiedlich Nomenklatur. Eine Uni nennt das Nebenfach „Beifach“, an der anderen heißt es „Zweitfach“. Was die eine „Allgemeine Berufsvorbereitung (ABV) nenne, firmiere an der anderen als „Praxismodul“. Den Modulen – ein Modul umfasst meist zwei Seminare - würden auch unterschiedliche Leistungspunkte zugeordnet. So könne ein Modul an einer Uni mit vier Leistungspunkten ausgewiesen sein, ein ganz ähnliches an einer anderen mit fünf Leistungspunkten. Selbst wenn diese Uni das Modul mit den vier Leistungspunkten als gleichwertig anerkennen würde: dem Studierenden würden am Ende seines Studiums Leistungspunkte fehlen. Flierl wünscht sich nun, dass die Unis hier „nachjustieren“ und ihre Modulbewertungen abstimmen.

Flierl, der die Probleme an „runden Tischen“ mit den Vizepräsidenten und Studierenden besprochen hat, hofft, dass die Unis sich darauf einigen, Studienleistungen gegenseitig besser anzuerkennen und ihre Angebote transparenter zu gestalten. Bundesweit seien die Kultusministerkonferenz und die Akkreditierungsagenturen gefordert. Der Senator wünscht sich auch, dass die Unis nicht nur dreijährige, sondern auch vierjährige Bachelorstudiengänge einrichten. Im ersten Jahr könnten die Studierenden dann eine Art Studium generale ablegen, um sich besser als bislang orientieren zu können.

Werner Väth, Vizepräsident der FU, sagte auf Anfrage, es sei nicht Sinn der Reform, dass Studierende jeden beliebigen Kurs an jeder Uni wählen könnten. Sie sollten nicht „herumstudieren, sondern in sechs Semestern ein ordnungsgemäßes Studium ableisten“.

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