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Gesundheit: "Unser Bildungssystem hat nicht Schritt gehalten"

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die Notwendigkeit einer neuen Bildungsreform unterstrichen. "Unser Bildungssystem hat mit vielen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt gehalten", beschrieb DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock auf dem bildungspolitischen Kongress ihrer Organisation "Impuls für die Zukunft" die Ausgangslage.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die Notwendigkeit einer neuen Bildungsreform unterstrichen. "Unser Bildungssystem hat mit vielen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt gehalten", beschrieb DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock auf dem bildungspolitischen Kongress ihrer Organisation "Impuls für die Zukunft" die Ausgangslage. Auf der Suche nach Verbündeten für die benötigten Reformen hatte die Gewerkschaft Experten und Vertreter erfolgreicher, zukunftsweisender Projekte nach Berlin eingeladen.

Der DGB-Vorsitzende, Dieter Schulte, mahnte die Wirtschaft zu stärkerem Engagement bei der Ausbildung junger Menschen. Nur gut jeder Dritte der 1,2 Millionen Betriebe bilde heute noch aus. "Der Bildungsnotstand lässt sich nicht durch ausländische Fachkräfte mit der Green Card beheben", kritisierte der DGB-Chef. Das deutsche Bildungssystem gehöre im internationalem Vergleich "nicht mehr zur ersten Liga". Auch der Staat sei gefordert, mehr in Bildung zu investieren. Bildungsausgaben seien "kein privater Luxus, sondern gesellschaftliche Zukunftsinvestitionen".

Sehrbrock lehnte in diesem Zusammenhang den Vorstoß der Finanzminister ab, mit sinkenden Schülerzahlen in den nächsten Jahren die Bildungsausgaben zu reduzieren. Zwischen 1997 und 2000 seien die Ausgaben für Bildung, Forschung und Kultur bereits gesunken, von "nicht eben hohen" 4,73 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 4,56 Prozent. Steigerungen der absoluten Zahlen seien allein Ergebnis der Inflation.

Als eine wesentliche Herausforderungen an die Bildung nannte Sehrbrock die nach wie vor große Zahl von Jugendlichen ohne Ausbildung und ihre schlechten Berufsperspektiven. 15 Prozent der 20- bis 29-Jährigen hätten keine Ausbildung, jeder Zehnte verlasse die Schule ohne Abschluss. Darunter sind - wie der Bildungsforscher Ingo Richter in seinem Vortrag ergänzte - schätzungsweise fünf Prozent der Jugendlichen, die für Schule und Ausbildung "unsichtbar" blieben. Sie schlügen sich mit Gelegenheitsjobs, Prostitution oder ähnlichem durch und begegneten allenfalls Streetworkern. An Weiterbildung, die für den beruflichen Aufstieg immer wichtiger wird, nähmen dann nur neun Prozent der Erwachsenen ohne Berufsschulabschluss teil, aber immerhin jeder Zweite mit einem Meisterabschluss, erläuterte Sehrbrock weiter.

Vor dem Pisa-Schock

Sehr skeptisch war die Stimmung hinsichtlich der für Dezember erwarteten Ergebnisse der internationalen Schulleistungsuntersuchung Pisa. Erneut seien schlechte Ergebnisse zu erwarten, hieß es einmütig. Doch werden davon Impulse für Bildungsreformen ausgehen? Wohl kaum, urteilte Bildungsforscher Richter vom Deutschen Jugendinstitut in München. Er sieht die Gefahr der "Quantifizierung" der Bildungsreform durch diese Untersuchung, die doch nur einen kleinen Teil der Schulwirklichkeit abbilde. Auch Marga Pöhl, bei der Bertelsmann-Stiftung für den Bereich Bildung zuständig, befürchtete, dass sich ein "Pisa-Schock" gegen Reformbestrebungen in den Schulen wenden werde. Denn ein negatives Bild von Schule, wie schon durch das schlechte Abschneiden deutscher Schüler bei den TIMS-Studien über Mathematik und Naturwissenschaften ausgelöst, treffe besonders diejenigen Lehrer, die sich für Verbesserungen engagierten.

Ganztagsschulen und Weiterbildung gehören sicher zum Zukunftsszenario. Auch darüber, dass Reformen dringend gebraucht werden, scheint es Einigkeit zu geben. Doch klare Zielvorstellung zu entwickeln - mit damit tat sich der Kongress schwer.

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