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Gesundheit: Ursüppchen

Vor 50 Jahren kochte Stanley Miller eine spektatuläre Bouillon

Am 15. Mai 1953 sorgte eine Bouillon für Aufsehen. Der Student Stanley Miller hatte die „Ursuppe“ in einem Labor im kalifornischen San Diego nach einfachem Rezept gekocht. Ohne ausgefallene Zutaten, sondern nur mit dem, was es schon vor 4,5 Milliarden Jahren auf der Erde gab:

Miller füllte Wasser in einen Glaskolben, gerade genug für einen bescheidenen Urozean. Die Luft über dem Wasser stellte die Uratmosphäre aus Wasserstoff, Methan und Ammoniak dar. Und anstelle von urzeitlichen Blitzen schickte der Chemiker elektrische Entladungen durch den Kolben.

Zur Verwunderung aller Experten verwandelten sich die Ingredienzen in Biomoleküle. Schon nach zwei Tagen fand Miller die Aminosäure Glyzin in der Brühe. Nachdem die Blitze eine ganze Woche durch die Apparatur gezuckt waren, färbte sich die Flüssigkeit braun, und an der Innenwand des Kolbens setzte sich eine ölige Substanz ab. Sie enthielt weitere Aminosäuren, die zu den Grundbausteinen des Lebens zählen.

Als Miller seine Ergebnisse veröffentlichte, machte der Begriff der „Ursuppe“ die Runde. Denn in einem kleinen Tümpel auf der Urerde könnten sich nach Millerscher Manier genau die richtigen Moleküle gebildet haben, um Leben hervorzubringen. Und wenn dies so geschehen war, warum sollte es dann nicht auch möglich sein, einfache Organismen im Reagenzglas zu schaffen?

50 Jahre nach Millers Experiment wähnen sich Forscher davon weit entfernt. Denn ein paar Aminosäuren und Biomoleküle machen noch keinen Organismus. Selbst in den einfachsten Zellen kooperieren Tausende Moleküle miteinander, und zwar mit einer unglaublichen Perfektion. Die Vorgänge laufen gemäß einem genetischen Programm ab, das zahlreiche Kopierfunktionen, Reparaturmechanismen und doppelte Sicherungen einschließt und doch gleichzeitig die Möglichkeit zu Variationen bietet. Der Einblick in dieses wirkungsvolle Programm hat viele Forscher zu der Vorstellung geführt, dass das Leben durch einen glücklichen Zufall aus der „Ursuppe“ entstanden sein muss. Durch einen so ungeheuren Zufall, dass Millers Nachfolger keine Chance haben dürften, den Lebensfunken im Labor auf ein Kunstwesen überspringen zu lassen.

Doch der genetische Code, wie wir ihn kennen, ist vermutlich erst im Laufe von vielen 100 Millionen Jahren entstanden. Und daher suchen der Regensburger Chemiker Günter Wächtershäuser oder der US-Biologe Stuart Kauffman nach Möglichkeiten einer Lebenswelt vor dem Code. Ihrer Meinung nach ist das Leben zwangsläufig entstanden:

Zuerst bildeten sich auf der erkaltenden Erde aus einer steigenden Vielfalt von Molekülen in sich geschlossene chemische Netzwerke. Und da, wo es genügend Nährstoffe gab, teilten diese sich in Subsysteme. Sie vervielfältigten sich. Das geschah sicher nicht in Millers dünner „Ursuppe“, aber vielleicht innerhalb dichter Flüssigkeitströpfchen oder auf geeigneten Oberflächen.

Zufall oder Notwendigkeit? Auch 50 Jahre nach Millers Experiment ist der Ursprung des Lebens ungeklärt.

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