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Gesundheit: Vier Professoren schreiben einen Krimi zu Traditionen an der Uni

Eigentlich wollte Dekan Hermann Gutzeit am Wochenende zu seiner Freundin nach Nürnberg fahren. Doch eine grausige Entdeckung macht alle seine Pläne zunichte: Auf der Toilette der altehrwürdigen Alma mater stolpert er über eine Leiche.

Eigentlich wollte Dekan Hermann Gutzeit am Wochenende zu seiner Freundin nach Nürnberg fahren. Doch eine grausige Entdeckung macht alle seine Pläne zunichte: Auf der Toilette der altehrwürdigen Alma mater stolpert er über eine Leiche. Der Tote ist ein Designer aus Mailand, der im Auftrag der Universität neuen Schwung in die Talarmode bringen soll.

So beginnt die Kriminalgeschichte "Unter Talaren", ein Gemeinschaftswerk von vier Professoren der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Hintergrund des Geschehens ist die Rückkehr der thüringischen Landesuniversität zu alten akademischen Traditionen, darunter das Tragen von Talaren - zumindest zu herausgehobenen Feierlichkeiten. Nachdem dieser Brauch in der DDR jahrzehntelang verpönt war, stieß seine Wiedereinführung nach der "Wende" durchaus nicht auf ungeteilte Begeisterung. Im Gegenteil: Es bildete sich eine regelrechte Front dagegen.

Die Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern spiegeln sich auch in dieser "Kriminalgeschichte aus dem universitären Milieu" wider, in der die Akademikerschaft in "Talaristen" und "Jeansfraktion" zerfällt. Der feige Mord an dem Mailänder Designer reißt die alten Wunden wieder auf. Zusätzlich verschärft wird die Situation durch einen weiteren Anschlag, dem ein Professor zum Opfer fällt. Er ist, wie sich herausstellt, der Bruder des einzigen ostdeutschen Produzenten für violette Talarseide. Durch die Bluttat soll ihm das lukrative Geschäft mit der Universitätsmode gründlich vermasselt werden.

Drei der vier Jenaer Autoren verfügen über einschlägige Erfahrungen als Talarträger: Helmut G. Walther war von 1996 bis 1998 Dekan der Philosophischen Fakultät, Klaus Dicke, seit 1995 Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte, wurde im Juni dieses Jahres Prorektor, und Rolf Gröschner steht gegenwärtig den Juristen als Dekan vor. Einzig der Anglist Wolfgang G. Müller hat sich aus einer "Außenperspektive" mit den Verwirrungen um die Talarmode befasst.

Entstanden ist eine kurzweilige Spielerei, mit der das ungewöhnliche "literarische Quartett" interessante Einblicke in die "Seelenlandschaft" einer Universität vermittelt. Doch nicht nur deshalb erhofft sich die Jenaer Hochschule für das Taschenbuch eine breite Resonanz. Denn ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Krimis ist für die Universität von Pristina im Kosovo bestimmt.

Die bereits 1972 vereinbarte Partnerschaft mit der dortigen Hochschule sei zum albanischen Teil der Universität trotz des Kosovo-Konfliktes "unter widrigsten Bedingungen" aufrecht erhalten worden, sagt Unisprecher Wolfgang Hirsch. Der Verkaufserlös sei "ein kleiner Beitrag" zum Hilfspaket für Pristina, das beim jüngsten Besuch von Rektor Zejnel Kelmendi in Jena vereinbart wurde.Helmut G. Walther, Klaus Dicke, Rolf Gröschner und Wolfgang G. Müller, "Unter Talaren" - Kriminalgeschichte, Palm et. Enke-Verlag Erlangen, 9,80 Mark

Thomas Bickelhaupt

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