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Gesundheit: Vor der Klimakonferenz: Auf dem Holzweg

Die internationale Klimapolitik hat sich im Wald verirrt. Es waren die Amerikaner, die ihre ehemaligen Partner in den Forst führten.

Die internationale Klimapolitik hat sich im Wald verirrt. Es waren die Amerikaner, die ihre ehemaligen Partner in den Forst führten. Mitten hinein in den Wilden Westen, wo heute wieder mehr Bäume in den Himmel wachsen. Junge Bäume sind gut fürs Klima. Sie schlucken Kohlendioxid. Mit diesem Wissen, eingekleidet in kühne Berechnungen, gelang es den USA bei den Klimaverhandlungen im japanischen Kyoto 1997 über Nacht, die anderen Staaten davon zu überzeugen, dass die Aufforstung zum Bestandteil des weltweiten Klimaschutzes gemacht werden müsse. Seither ist die Klimapolitik nie mehr aus dem Dickicht herausgekommen.

Zum Thema Rückblick: Der gescheiterte Klimagipfel in Den Haag Dabei war die erste Lichtung bereits erreicht. Vor Kyoto hatte es erstmals ein Eingeständis der Industriestaaten gegeben: Wir verändern das Weltklima durch Kohlendioxid-Abgase aus den Schloten unserer Fabriken, aus Verkehr und Landwirtschaft. Die Erde heizt sich langsam auf. Die Folgen, Überschwemmungen, Stürme, Dürre, sind kaum absehbar. Dem hatten - nach langer Anzweiflung der wissenschaftlichen Erkenntnisse - auch die USA beigepflichtet.

In Kyoto einigte man sich dann über die Vorleistungen der Industrieländer. Die Verringerungen der Emissionen wurden für jedes Land einzeln ausgehandelt. Die USA aber wendeten das Blatt: Es müsse doch auch möglich sein, die Emission der Klima-Schadstoffe durch andere Maßnahmen auszugleichen, etwa durch eine Aufforstung der Wälder. Diese neuen Plantagen könnten zu Hause angepflanzt werden oder sonstwo.

Darauf hätten sich die anderen Staaten nicht ohne Weiteres einlassen dürfen. Wer anerkennt, dass Kohlendioxid-Quellen wie Autos durch Kohlendioxid-Senken, also heranwachsende Bäume, kompensiert werden, der muss ehrlicherweise eine Gesamtbilanz aufstellen. Er darf sich nicht auf fragwürdige Einzelheiten beschränken, auf junge Wälder etwa, die erst nach der Abholzung alter Bestände großgezogen werden. Wenn in Deutschland mehr Bäume wachsen, weil der Holzbedarf durch Importe aus dem Ausland gedeckt wird, verbessert sich das Weltklima nicht.

Seit Kyoto brachten die USA immer neue Kompensationsrechnungen und Handelsmechanismen ins Spiel. Bei den zuletzt im November in Den Haag gescheiterten Verhandlungen ging es sogar darum, wie es einem Land anzurechnen sei, wenn die Bauern die Äcker mit dem Pflug nicht mehr so tief umgraben - auch dies zum Wohle des Klimas, weil die Mikroben dann weniger atmen und weniger Kohlendioxid aus dem Boden entweichen kann.

Von der einstigen Idee von Kyoto ist in dem Protokoll inzwischen immer weniger zu erkennen. Eine Vereinbarung, wie sie in Den Haag zuletzt zur Debatte stand, würde die globale Erwärmung nach Meinung vieler Experten kaum eindämmen können. Auch dann nicht, wenn sie in ein paar Jahren verschärft würde.

Bei der in der kommenden Woche beginnenden Klimakonferenz in Bonn werden die Amerikaner die anderen 160 Staaten wieder einmal an der Nase durch das Unterholz führen. Sie waren damit bislang sehr erfolgreich. Jetzt haben sie mit Japan augenscheinlich einen neuen Verbündeten gefunden.

US-Präsident George Bush hat mehrfach gesagt, dass er die Energie- und Verkehrspolitik seines Landes nicht auf einen anderen Kurs bringen will. Das wäre zu teuer, meint er und spricht damit unverblümt aus, was auch einige andere Regierungen denken, die derweil noch ihr Gesicht wahren möchten. Sie wissen, dass sie mit ihren bisherigen nationalen Anstrengungen den in Kyoto ausgehandelten Emissionszielen bereits weit hinterherhinken.

Nur wenige Länder dagegen fördern heute eine effizientere Energienutzung, Wind- und Solarkraftwerke oder stellen naturnahe Wälder unter Schutz. Großbritannien oder Deutschland haben dem Klimaschutz mit den in ihren Ländern geeigneten Mitteln in den vergangenen Jahren bessere Dienste geleistet als viele ihrer Nachbarn.

Die internationale Klimapolitik ist auf dem Holzweg. Und es wird, selbst wenn die Bonner Konferenz nicht scheitern sollte, noch lange dauern, die morschen Stämme fortzuschaffen, die auf diesem Pfad faulen. Dass auch diese Arbeit gemacht werden wird, das lassen die vielen regionalen Klimaschutzinitiativen auf dem Globus einstweilen eher erhoffen als eine von den USA lahm gelegte Weltpolitik.

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