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Gesundheit: Warum gibt es zweimal am Tag Ebbe und Flut?

Thomas Reiter genießt die Schwerelosigkeit. Ansonsten spürt er wenig von der rasenden Fahrt der Raumstation um die Erde.

Thomas Reiter genießt die Schwerelosigkeit. Ansonsten spürt er wenig von der rasenden Fahrt der Raumstation um die Erde. Weder drückt die Zentrifugalkraft den Astronauten wie auf einem Karussell nach außen, noch hält ihn die Anziehungskraft der Erde am Boden. Auf der Kreisbahn um die Erde heben sich Zentrifugal- und Schwerkraft gerade auf. Er schwebt. Schwerelos.

Ein solches Gleichgewicht der Kräfte gibt es, streng betrachtet, nur in der Mitte der Raumstation. Auf ihrer der Erde zugewandten Seite überwiegt geringfügig die Anziehungskraft der Erde, auf der abgewandten Seite die Zentrifugalkraft. Reiter könnte dies mit einer Feder messen: Eine daran befestigte Masse würde die Feder auf der erdnahen Seite zur Erde hin dehnen und auf der erdfernen Seite von der Erde weg.

Hoch über Thomas Reiter saust der Mond um die Erde: mit 3600 km/h. Im Mondmittelpunkt halten sich Zentrifugal- und Anziehungskraft der Erde die Waage. Auf der erdnahen Mondseite überwiegt die Anziehungskraft, auf der anderen die Zentrifugalkraft. Gäbe es auf dem Mond Ozeane, würden die Wassermassen stets zu beiden Seiten strömen – zur Erde hin und von ihr weg. Es gäbe zwei Flutberge, je Mondhälfte einen.

Schade, dass der Mond nackter Fels ist. An seinem Beispiel wäre der Wechsel von Ebbe und Flut leichter zu verstehen. So müssen wir die Erde von außen betrachten: Sie wird ihrerseits vom Mond angezogen. Da sie viel größer ist als er, kreist sie nicht um ihn, sondern eiert um den gemeinsamen Schwerpunkt. Dieser liegt im Erdinneren.

Die Anziehungskraft des Mondes ist auf der mondnahen Seite etwas größer als die aus dieser Bewegung resultierende Zentrifugalkraft. Hier staut sich das Meerwasser, die Flut ist immer zum Mond gerichtet. Ein zweiter Flutberg entsteht auf der anderen Erdhälfte, wo die Zentrifugalkraft dominiert. Und während sich die Erde in 24 Stunden um ihre Achse dreht, wandern beide Flutberge mit dem Mond von Ost nach West. So kommt es zweimal täglich zu Ebbe und Flut.

Auch die Anziehungskraft der Sonne trägt zu den Gezeiten bei. Und nicht nur Wasser wird davon mitgerissen. Ganz Deutschland hebt und senkt sich im Zwölf-Stunden-Takt. „Zweimal täglich steigt der Erdboden um etwa 30 Zentimeter im Rhythmus der Gezeiten“, sagt Walter Zürn vom Geophysikalischen Institut der Uni Karlsruhe. Für uns unmerklich. Zürn aber misst das Auf und Ab in einem Bergwerk im Schwarzwald: mit Gewichten, die an elastischen Federn hängen.

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