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Gesundheit: Wenn die olympische Sonne brennt

Athleten, die sich rechtzeitig an das Klima anpassen und ausreichend trinken, überstehen auch die schlimmste Hitzeschlacht

Es wird heiß zugehen in Athen. Von den „heißesten Olympischen Spielen der Neuzeit“ spricht Wilfried Kindermann, leitender Arzt des Nationalen Olympischen Komitees (NOK). An manchen Tagen könnten die Temperaturen auf über 40 Grad im Schatten steigen. Werden die Athleten dies ohne Schaden überstehen?

„Viel hängt davon ab, wie gut sich die Sportler auf die Hitze einstellen“, sagt Hans-Hermann Dickhuth, Sportmediziner an der Universität Freiburg. Glücklicherweise herrscht in Athen trockene Hitze, mit der der Organismus besser fertig wird, als wenn hohe Luftfeuchtigkeit die Körperkühlung durch Schwitzen behindert.

Etwa zwei Wochen sollten sich die Athleten für die Anpassung Zeit nehmen, sagt Dickhuth. Zwar werden die Wettkämpfe, die im Freien stattfinden, möglichst in die kühleren Morgen- oder Abendstunden verlegt. Doch bei länger dauernden Sportarten wie Marathon, oder Gehen lassen sich Hitzeschlachten nicht immer vermeiden.

Keinesfalls werde es dabei Höchstleistungen geben, sagt Lars Brechtel, Sportmediziner an der Humboldt-Universität. Das liegt daran, dass der menschliche Organismus auf die Solltemperatur von etwa 37 Grad Celsius eingestellt ist.

Wird diese überschritten, beginnt man zu schwitzen. Der Schweiß verdunstet. Das verbraucht Energie, der Körper kühlt ab. Bei Umgebungstemperaturen um 18 Grad wird etwa ein Viertel der Wärme zusätzlich durch Strahlung oder Luftströmung abgegeben. Jenseits von 30 Grad ist letzteres nicht mehr möglich.

Körperliche Belastung heizt den Körper zusätzlich auf, da die Muskelarbeit Wärme produziert. Bei einem Marathonlauf, der in der Superzeit von zwei Stunden und zehn Minuten absolviert werde, wäre laut Kindermann unter den Athener Bedingungen keine effektive Wärmeregulierung mehr möglich. Die Körpertemperatur steigt kontinuierlich an, ein fieberartiges Gefühl stellt sich ein. Wer kein langsameres Tempo einschlägt, riskiert einen Hitzekollaps.

Die Wettkämpfer werden sich vernünftig verhalten, davon ist das Ärzteteam des NOK überzeugt, das eine 50-seitige Broschüre zu diesem Thema verfasst und jedem Athleten mitgegeben hat. Zu den Autoren gehört neben Kindermann und Dickhuth auch Andreas Nieß, Sportmediziner an der Universität Tübingen.

Trinken ist das A und O der Prophylaxe. „Flüssigkeitsverluste müssen unbedingt ausgeglichen werden“, betont Nieß. In die Trinkflaschen mischen die Athleten oft noch Elektrolyte und Kohlehydrate, um dem Körper zusätzlich Mineralstoffe und Energie zuzuführen.

Das hilft die gefürchteten Hitzekrämpfe zu vermeiden, die vor allem bei länger dauernden Anstrengungen wie Marathon, Gehen oder Straßenradfahren auftreten. Zunächst verkrampft sich die Muskulatur; später können noch Magen- und Darmkrämpfe hinzukommen.

Problematisch kann es werden, wenn eine Versorgungsstation übersehen wird. Das passierte einer Schweizer Marathonläuferin 1984 bei den Spielen von Los Angeles. Millionen Fernsehzuschauer sahen die Athletin torkeln und hinter dem Ziel zusammenbrechen.

Das ist eine typische Folge von Hitzeerschöpfung, die mit Müdigkeit, schwachem Puls und erniedrigtem Blutdruck einhergeht. Ins Kühle bringen, flach lagern, Elektrolytlösung zuführen, das reicht bei den meisten erschöpften Marathonläufern aus. Wer aber die Symptome missachtet und mit dem Wettkampf weitermacht, riskiert schwere Kreislaufstörungen, die sich zum lebensgefährlichen Schock ausweiten können. Derartige Probleme können auch bei Mannschaftsportarten im Freien, wie Fußball, auftreten, wenn in der Hitze des Gefechts die Warnzeichen übersehen werden.

Gefahren durch Smog sieht Dickhuth dagegen derzeit in Athen nicht. Auch die Angst vor Ozon hält er für „eher übertrieben“, jedenfalls bei Werten bis zu 350 Mikrogramm pro Kubikmeter. „Gut trainierte Athleten tolerieren das“, sagt er. Eine große Menge des Reizgases in der Luft könne jedoch Sportlern schaden, die bereits von Asthma geplagt seien. In solchen Fällen sei aber die Einnahme von Medikamenten erlaubt, falls dies vorher beim IOC angemeldet werde.

Am meisten gefährdet sind jedoch die Zuschauer. Heiße An- und Abfahrten, langes Sitzen in brüllender Hitze – ohne ausreichenden Schutz durch Kleidung und Sonnencreme und vor allem ohne viel Flüssigkeitszufuhr kann so mancher Olympiafan schlapp machen.

Paul Janositz

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