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Gesundheit: Wer auf dem Trockenen sitzt

Rund 1,7 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser – Experten suchen nach Auswegen

Wasser ist wichtig für den Wohlstand eines Landes. Aber auch dort, wo es den Menschen gut geht und Trinkwasser noch in ausreichender Menge vorhanden ist, muss es sorgfältig geschützt werden. Diese Überlegung wird jetzt auch von einer Studie gestützt, die am Zentrum für Ökologie und Hydrologie in Wallingford (England) entstand.

Die Wissenschaftler führten zum ersten Mal Daten aus 147 Staaten der Erde zu einem Maßstab zusammen, zum Wasser-Armuts-Index (WPI). Darin flossen die Faktoren Wasservorkommen, Verfügbarkeit, Verbrauch und Verschmutzung ein. Mit eingebaut in den Index sind aber auch Werte der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leistungsfähigkeit der untersuchten Staaten. Dazu gehören etwa das Pro-Kopf-Einkommen, die Einkommensverteilung sowie das Bildungs- und Gesundheitswesen.

Ziel der Arbeit war es, ein Kontrollverfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe die jeweils national Verantwortlichen die Probleme ihres Landes besser einschätzen und weltweit vergleichen können. Dies wiederum gibt genauere Hinweise darauf, wo etwas geschehen muss, um mit der vorhandenen Ressource nachhaltig zu wirtschaften.

Am günstigsten sieht es für Finnland mit 78 von 100 möglichen WPI-Punkten aus, Haiti und Äthiopien liegen mit 35 Punkten am Ende der Skala. In Deutschland könnte – gemessen an der Verfügbarkeit – mehr gespart werden (Index: 64,5 Punkte, Platz 35), in Japan (Index 64,8, Platz 34) ist das Umweltbewusstsein zu verbessern und in den USA (Index 65, Platz 32) wird ebenfalls viel Wasser verschwendet.

Aber schon jetzt sieht es in vielen Gebieten der Erde bedrohlich aus: Bis zu 1,7 Milliarden Menschen sind ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auf der Umweltministerkonferenz in Johannesburg wurde zwar vereinbart, diese Zahl bis 2015 mindestens zu halbieren, doch die Entwicklung kann auch in die andere Richtung gehen: Umweltorganisationen befürchten, dass die Zahl bis 2025 auf vier Milliarden wächst. Aber wie soll man gegensteuern?

Für den Direktor des UN-Umweltschutzprogramms, Klaus Töpfer, kann eine Besserung der Verhältnisse nur durch eine gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten zu Stande kommen, also durch Public Private Partnership. Töpfer sprach jüngst auf der Veranstaltung „Wassermanagement des 21. Jahrhunderts“. Die Diskussion wurde von der Schweizer Botschaft, den drei Berliner Universitäten, den Fachzeitschriften „Spektrum der Wissenschaft“ und „Nature“ sowie dem Veranstaltungsforum der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck veranstaltet.

Töpfer lebt in Nairobi, Kenia. Er kennt die Situation aus eigenem Erleben und aus Untersuchungen seines Amtes. Wassermangel entsteht aus mehreren Ursachen, erläutert er und zeigt Grafiken vom Tschadsee – 1964 noch von den Anrainern Niger, Nigeria, Kamerun und Tschad genutzt. Heute ist der See schätzungsweise auf ein Achtel seiner ursprünglichen Größe geschrumpft.

Parallel dazu wird aber dort, wo es tatsächlich noch Trinkwasser gibt, nicht sorgsam damit umgegangen. „Wir haben die neun größten Städte Afrikas untersucht. Es gab keine, in denen der Verlust in den Leitungen kleiner als 50 Prozent war.“ Die Hälfte dessen, was mit großem Aufwand aufbereitet und mit viel Energie in die Rohre gepumpt wird, erfüllt seinen Nutzen nicht. Es fehlt Geld, die Netze mit moderner Technik so auszustatten, dass so wenig wie möglich verschwendet wird. Verschwendet, so wie bei uns, wo es nicht darauf ankommt, dass sauberes Trinkwasser die Toilettenschüssel spült. „In Flugzeugen etwa geht man ganz anders mit der Fäkalienlast um.“ An Bord wäre Spülwasser teurer Ballast, deshalb wird der Kot per Unterdruck in den Auffangbehälter befördert. „Das zeigt doch aber: Dort, wo ein Markt ist, findet sich auch jemand, der die notwendigen Verfahren entwickelt."

Zudem ist es unsinnig, Fäkalien, die in konzentrierter Form anfallen, mit viel Wasser zu verdünnen, in den Klärwerken aber wieder alles zu trennen. Ansätze, auch im Wohnungsbau so schlau vorzugehen wie im Flugzeug, gibt es. Auch die Mehrfachnutzung von Grauwasser – etwa das aus der Waschmaschine für die Klospülung – ist schon bekannt.

„Markt“, das klingt nach Geld, das dort nicht vorhanden ist – oder, um im Bild zu bleiben: es fließt in falsche Kanäle. Denn wer an keine Wasserleitung angeschlossen ist, muss sich abgefülltes Trinkwasser beschaffen. Und das ist über lange Zeit betrachtet viel teurer als ein Anschluss an eine ordentliche Versorgung. Es gibt also gar keine andere Möglichkeit, als privates Geld zu beschaffen.

Das sollte freilich transparent eingesetzt und verwaltet werden. Überdies müssten die jeweils herrschenden Vorstellungen berücksichtigt werden: „In islamischen Ländern ist zwar die Privatisierung von Wasser mit den spirituellen Werten nicht vereinbar, wohl aber die Dienstleistung der Bereitstellung und der Abwasserentsorgung." Es dürfe nur nicht der Eindruck entstehen, dass alles ökonomisiert werde, sagte Töpfer.

Weiteres im Internet unter:

http://www.ceh-wallingford.ac.uk/research/WPI

Gideon Heimann

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