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Gesundheit: Wie fördert man umweltschonendes Verhalten?

Die Menschen wissen viel über Zusammenhänge, handeln aber immer seltener danachGideon Heimann An den Titeln von Workshops kann man oft die aktuelle Situation des betrachteten Gegenstandes ablesen. Wenn vom nächsten Mittwoch an also Experten aus verschiedensten Disziplinen über "Nachhaltige Konsummuster - Möglichkeiten der Umweltkommunikation" sprechen werden, dann zeigt das, dass es um das umweltbewusste Handeln in der Bevölkerung - aus unterschiedlichen Gründen - wohl nicht mehr so gut steht wie etwa noch vor einem Jahrzehnt.

Die Menschen wissen viel über Zusammenhänge, handeln aber immer seltener danachGideon Heimann

An den Titeln von Workshops kann man oft die aktuelle Situation des betrachteten Gegenstandes ablesen. Wenn vom nächsten Mittwoch an also Experten aus verschiedensten Disziplinen über "Nachhaltige Konsummuster - Möglichkeiten der Umweltkommunikation" sprechen werden, dann zeigt das, dass es um das umweltbewusste Handeln in der Bevölkerung - aus unterschiedlichen Gründen - wohl nicht mehr so gut steht wie etwa noch vor einem Jahrzehnt. Wie aber bekommt man die Menschen dazu, sich auch und ganz besonders in ihrem privaten Bereich so zu verhalten, dass es mit jenem Zusammenhang, der unter dem Begriff "Nachhaltigkeit" gefasst wird, in Einklang zu bringen ist? Genau diese Strategien sollen nächste Woche besprochen werden.

Die Industrieländer haben schon auf der Umweltkonferenz in Rio vereinbart, für eine "Veränderung der Werthaltungen" zu sorgen, also das Bewusstsein für Umweltbelange zu schärfen. Gerade das jedoch ist schwieriger geworden. Denn heute rußen zumindest in Deutschland keine Schornsteine mehr und den Gewässern geht es immer besser. Es gibt sichtbare Fortschritte im Detail, die von der Betrachtung größerer Bedrohungen ablenken. Die Umweltprobleme, dies betonte jüngst auch der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, sind abstrakter geworden. Klimaveränderungen zum Beispiel kommen schleichend, ihnen ist auch kein deutlich sichtbarer Verursacher zuzuordnen.

Alles Öko, oder was?

Überdies haben inzwischen immer mehr Menschen ganz andere Sorgen, da geht es viel häufiger als früher etwa um die Furcht vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Umwelt und Umweltschutz haben heute also eher einen nachrangigen Stellenwert. Und noch eines macht sich bemerkbar: Wenn bald der letzte Turnschuh mit der Vorsilbe "Öko-" vermarktet wird, wenn also allseits permanent wahre oder vorgebliche Umweltvorteile und -gutachten als Produktvorteil herausgestellt werden, dann verliert der Verbraucher die Übersicht und wehrt die gedankliche Auseinandersetzung schnell völlig ab.

Dabei ist mit ökologisch sinnvollem Verhalten oft gar kein Komfortverzicht verbunden. Wer einen Raum verlässt und das Licht ausschaltet, hat deshalb nebenan nicht weniger Beleuchtung - er verbraucht aber insgesamt weniger Strom. "Viele in der Summe bedeutsame Verhaltensweisen bringen gar keine Einschränkungen, sondern verringern schädliche Umwelteinflüsse und sparen bares Geld", betont denn auch Michael Wehrspaon, Sozialwissenschaftler beim Umweltbundesamt.

Oft nur Forderungen an den Staat

Er verweist allerdings auch auf Studien zu Umweltbewusstsein und -verhalten, die bedenklich stimmen. Den ermittelten Trends zufolge haben jüngere Menschen zwar ein größeres Umweltbewusstsein als Ältere, aber vorwiegend dann, wenn es um Forderungen an Staat und Gesellschaft geht. Sie schneiden jedoch schlechter ab, wenn das persönliche Handeln (eben jenes "Licht aus") gefragt ist.

Bei älteren Bundesbürgern ist es (dem Trend nach) genau umgekehrt: Sie verhalten sich auf Grund eingefleischter Handlungsweisen in der "ökologischen Praxis" viel besser als die Jungen, dafür wollen sie von Umweltpolitik nichts wissen. Und noch eine interessante Tendenz zeigt sich bei Frauen. Ihr Verhalten ist aus ökologischer Sicht besser als das der Vergleichsgruppe der Männer, lediglich ihr technisches Wissen ist geringer. "Frauen sehen die Dinge offenbar praxisbezogener, ganzheitlicher als Männer", sagt Wehrspaon.

Nun gibt es bereits etliche gute Ansätze, auf das Verbraucherverhalten einzuwirken. Der Karstadt-Hertie-Konzern zum Beispiel hat bereits gezielte Kampagnen gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Natuschutz Deutschland (BUND) veranstaltet, eine kommende soll sich dem Thema Schulanfang widmen. Den Kunden wird deutlich gezeigt, welche Produkte es gibt und welche davon umweltschonender sind als andere. "Es läuft durchaus schon viel, aber eben leider noch zersplittert", räumt Wehrspaon ein. Gerade deshalb sei eine möglichst umfassende Kommunikation zwischen den Beteiligten so wichtig.

Wie bedeutsam der Austausch von Erfahrungen sein kann, davon wird etwa der Bundesverband für Umweltberatung e.V. (Bfub) berichten. Bei seinem Projekt ging es darum, Vertreter örtlicher Umweltgruppen mit Handel und Handwerk zusammenzubringen. Die Fragestellung: Wie kann man auf die lokale Wirtschaft einwirken, dass sie dem Konsumenten mehr umweltschonendere Produkte anbietet und ihn auch stärker auf dieses Angebot aufmerksam macht?

Händler, die zum Beispiel verstärkt Produkte aus der Region einkaufen und diese so herausstellen, dass sie häufiger gekauft werden, reduzieren in jedem Fall die Transportwege und damit den Energieverbrauch, meist auch den Verpackungsaufwand (und helfen, Arbeitsplätze in der Region zu erhalten - ein durchaus wünschenswerter Nebeneffekt). "Verpackung" und "Energieaufwand" sind freilich auch eigenständige Tagungsthemen, selbst hier kann die Präsentation im Laden deutliche Schwerpunkte für die Verbraucher setzen.

Die Mitarbeiter des Bfub zielten mit einer solchen Aktion zudem auf einen generellen Wissenszuwachs. Denn die Ideen, die bei solchen Veranstaltungen zusammengetragen wurden, sind schließlich - zumindest von der Struktur her - auf andere Gemeinden übertragbar, "so braucht niemand das Rad zweimal zu erfinden", erläutert Christoph Felten.

Mit dem Workshop ist diese Idee sozusagen eine Etage höher angesiedelt. Es sollen die Möglichkeiten erkundet werden, Branchen übergreifende Kampagnenkonzepte zu entwickeln, sagt Martin Oldeland vom Bundesdeutschen Arbeitskreis für umweltbewusstes Management (B.A.U.M.), der die vom Bundesumweltministerium geförderte Veranstaltung organisiert. Entsprechend breit ist die Spanne der Vortragsthemen angelegt. Neben den kommunikationsstrategischen, also eher sozialwissenschaftlich geprägten Themen geht es in Fachforen durchaus tief in die Praxis, bis hin zu Innovationen bei Wasch- und Geschirrspülmaschinen, Wasch- und Pflegemitteln oder auch zum Aufbau von Werkzeug-Mietsystemen bei Baumärkten."Nachhaltige Konsummuster - Möglichkeiten der Umweltkommunikation", 15. und 16. Februar im Hotel Estrel, Sonnenallee 225 in Berlin-Neukölln. Veranstalter ist der B.A.U.M. e.V., Hamburg. Infos unter 040/49 07 - 1118.

Gideon Heimann

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