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Gesundheit: Wiedergänger ohne Seele

Warum Klone die Menschen faszinieren – obwohl sie eigentlich „nur“ zeitversetzte Zwillinge sind

Der Klon-Reflex hat wieder einmal funktioniert. Immer wenn das magische Wort mit den vier Buchstaben von einem der üblichen Verdächtigen in der Öffentlichkeit ausgesprochen wird, schnappt die Weltpresse zu. Dieses Mal war es der italienische Frauenarzt Severino Antinori. Er behauptet, im Januar werde ein geklontes Kind zur Welt kommen. Man kann nur hoffen, dass Antinori diesem Kind den öffentlichen Auftritt erspart.

Warum aber fasziniert das Thema Klonen die Medien und die Menschen so? Ganz bestimmt sind es nicht die Vorbehalte der Wissenschaft gegen das Klonen. In seltener Einmütigkeit haben Mediziner und Wissenschaftler die Klon-Experimente von Antinori und Konsorten verurteilt. „Klont keine Menschen!“ lautete der bewegende Aufruf von Ian Wilmut, Schöpfer des Klonschafs Dolly, und dem Stammzellforscher Rudolf Jaenisch im sonst so kühl-abwägenden Fachblatt „Science“. Die Wissenschaftler fürchten, dass ein geklontes Kind von schweren Fehlbildungen gezeichnet sein wird. Und natürlich sehen sie das Image der Forschung bedroht.

Das geklonte Kind wird vermutlich behindert sein. Dieses Schicksal teilt es mit vielen anderen Kindern auf der Welt, und genauso wie diese verdient es unser Mitgefühl und unsere Hilfe. Andersherum gesagt: Wenn das Klonen technisch beherrscht würde und nicht zu desaströsen Ergebnissen führte, hätten viele Ärzte vermutlich gar nichts dagegen, wenn in bestimmten Ausnahmefällen geklont würde. Etwa dann, wenn eine Frau ihren Mann und Sohn verloren hat und sich nun trotzdem ein Kind ihres toten Mannes wünscht. So etwas gibt es.

Biologisch gesehen wäre solch ein Klon-Kind ein zeitlich versetzter eineiiger Zwilling – ungewöhnlich, aber jedenfalls nicht wider die Natur, die allenthalben klont. Die Faszination des Klonens hat denn auch andere Wurzeln. Die genetische Kopie eines Menschen belebt Mythen wie die von den Wieder- und Doppelgängern. Stets sind die Dubletten unheimlich. Oder gar seelenlos wie Zombies, nur noch äußeres Abbild des Menschen, mit dem sie das Genom teilen. Die Botschaft: Klone sind gruslig.

An dieser Stelle reichen sich Magie und Biologie scheinbar die Hand. Denn natürlich haben zwei Menschen nicht deshalb die gleiche Seele, weil sie das gleiche Erbgut besitzen. Ein populäres Missverständnis. Die Gene tragen zwar ihren Teil zur Persönlichkeit bei, aber es gibt noch viele andere Einflüsse auf unser Ich. Es lässt sich nicht stehlen, auch nicht vom Klonarzt Antinori.

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