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Panorama: Giorgio Armani: Kosmos der Klarheit und Harmonie

Der Film, der Richard Gere 1980 zum Sexidol und Giorgio Armani berühmt machte, war Paul Schraders American Gigolo. Darin trug der amerikanische Star die Krawatten, Hemden, Hosen und Jacketts, die ihm der Mailänder Designer auf den trainierten Leib geschneidert hatte - und es war schwer zu entscheiden, was verführerischer wirkte: die geschmeidigen, coolen Bewegungen von Gere oder die fließenden Linien und soften Stoffe von Armanis Outfit.

Der Film, der Richard Gere 1980 zum Sexidol und Giorgio Armani berühmt machte, war Paul Schraders American Gigolo. Darin trug der amerikanische Star die Krawatten, Hemden, Hosen und Jacketts, die ihm der Mailänder Designer auf den trainierten Leib geschneidert hatte - und es war schwer zu entscheiden, was verführerischer wirkte: die geschmeidigen, coolen Bewegungen von Gere oder die fließenden Linien und soften Stoffe von Armanis Outfit. 1990, zehn Jahre später, ist Giorgio Armani inzwischen Herr über ein weltweit vernetztes Modeimperium und selbst Held eines Films.

In einer Szene der dokumentarischen Hommage "Made in Milan" von Martin Scorsese reißt er aus einem Herrenjackett Futter und Innenfutter heraus, entfernt die Schulterpolster und alle anderen steifen Accessoires, die das Kleidungsstück zur Zwangsjacke machten. Der destruktive Befreiungsakt, den er vorführt, ist das Schlüsselbild für die modische Revolution, die er 1975, als er sein Imperium gründete, gewissermaßen über Nacht mit der ersten Show auslöste. "Das Jackett ist der Dreh- und Angelpunkt meiner ganzen Arbeit", erzählt Armani im Film. "Ich stellte mir eine Frau vor, die sich ein Stück Stoff umlegt. So sollte meine Jacke sein, leicht wie ein Hemd und die Figur sanft umhüllen". Also versetzte und entfernte er Knöpfe, veränderte Proportionen und experimentierte solange mit Stoffen und Verarbeitungstechniken, bis er das Bekleidungsstück dekonstruiert hatte. Sein geliftetes Jackett schenkte nicht nur Männern ein neues Bewegungsgefühl. Auch für Frauen designte Armani fortan komfortable Blazer und Anzüge, die sich wie eine zweite, luxuriöse Haut an ihre Körper schmiegten. Er verwischte die Grenzen zwischen maskulinem und femininem Look und kreierte eine neue androgyne Eleganz. Doch Armani strebte keinen Unisex an, sondern "mehr Sanftheit für Männer und mehr Stärke für Frauen". Seine Mode sollte "demokratisch" sein und zur "Erziehung des Geschmacks beitragen". So erfand der Asket der Haute Couture vor 25 Jahren den Stil des "Massendandys", wie ihn Germano Celant, der Chefkurator des New Yorker Guggenheim-Museums, in einem Katalogbeitrag zur derzeitigen großen Jubiläumsschau in seinem Haus charakterisiert.

Kleidung ist seit Armani zu einem ausgeklügelten Codesystem geworden, über das der Massendandy der Moderne seine Individualität kommuniziert. Entscheidend sind Nuancen, ob in Stoffen oder Farben: "Ich bin als Stylist ohne Farbe bekannt", erklärt Armani, der Erfinder des "Greige", einer Mischung aus Grau und Beige. "Ich liebe diese neutralen Töne", sagt er, "sie sind ruhig, gelassen". Auch die Materialien, die er wählt - Leinen, Wolle, Seide, Chiffon, Tüll oder Technofasern - und die Muster, mit denen er sie verwebt, bedruckt und bestickt, sind Teil der Modephilosphie, die Armani lehrt: "Man sollte nichts tragen, das die Persönlichkeit versteckt. Und man muss auch nicht das Opfer von Leuten werden, die glauben, zu entscheiden, was Mode ist und was nicht." Statt auf Trends zu setzen, folgt Armani einer Vision: "Am schwierigsten ist es, das Einfachste zu tun". Sein Minimalismus ist von höchster Perfektion in den Details. Die Schnitte der Kleider und Anzüge reduziert er so weit wie möglich, um die Sinnlichkeit der Körper zu betonen. Er ist kein Klassizist, sondern gilt als Erneuerer, der ein Gleichgewicht von Tradition und Gegenwart anstrebt.

Armanis Inspirationsquellen sind die dreißiger und frühen vierziger Jahre. "Damals war Mode erlesen einfach", beschreibt er seine Affinität, "eine weiße Bluse, ein Hemd, ein Staubmantel, ein schmales Abendkleid aus Lamé genügten". Aber auch Referenzen an Asien und den Orient sind nicht zu übersehen. Vor allem in den achtziger Jahren ließ er sich von den Saris der Inderinnen, den Kaftans der Marokkaner und den Kimonos der Japaner anregen.

Weil es Giorgio Armani um die Essenz der Form geht, ist er über den Zwang zum Trend erhaben. Seine Kleider sollen dem Körper huldigen, ohne ihn zu manipulieren. Die Mode von Giorgio Armani bietet keine exzentrischen Rollenspiele. Statt dessen soll sie den Zutritt sichern zu seinem Kosmos der Klarheit, Harmonie und Transparenz. Wer seine Mode trägt, soll etwas vom Geheimnis der Schönheit ahnen. Mit den Worten von Giorgio Armani: "Ich liebe Disziplin, aber auch, wenn sich Leute kleiden, um sexy zu sein."

Eva Karcher

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