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Glücksspiel: Ein Las Vegas hinter den Alpen

In Slowenien soll für 750 Millionen Euro Europas größtes Spielerparadies entstehen.

Llubljana - Die wenigen Gäste, die sich in die slowenische Region Goriska verirren, fühlen sich unerwartet in eine Art Mini-Toskana versetzt. Weiche Hügel mit weißen Kirchen drauf, gepflegte Rebstöcke, Steinhäuser und Zypressen. Alles erinnert an lange Spaziergänge und weinselige Abende, aber keinesfalls an Las Vegas, einarmige Banditen und Roulettetische. Doch das wird sich ändern. Im südlichen Nachbarland Österreichs an der Grenze zu Italien soll ab 2009 Europas größtes Glücksspielparadies entstehen. Die slowenische Tourismusgruppe Hit und der weltgrößte Casinobetreiber Harrah’s wollen 750 Millionen Euro in einen Casinokomplex investieren. Das ist wenig im Vergleich zu Wynn Las Vegas, das 2005 mit Baukosten von 2,1 Milliarden Euro als bislang teuerstes Casinohotel der Welt eröffnet wurde, doch gigantisch für slowenische Verhältnisse.

Noch ist Nova Gorica ein verschlafenes Städtchen mit 36 000 Einwohnern. Doch bald entsteht nahe dem Zentrum der Region ein riesiges Spielquartier. Die Idee gibt es seit zwei Jahren, doch erst jetzt wurden Harrah’s als Betreiber ausgewählt und zwischen dem Finanzministerium und den Unternehmen eine Absichtserklärung für ein Joint Venture unterschrieben. Im Rennen waren auch MGM Mirage und Casino Austria. Harrah’s hatte sich aber frühzeitig mit Hit verbündet.

Das Resort mit einem Einzugsgebiet von 26 Millionen Menschen innerhalb von 500 Kilometern könnte nach Schätzungen von Harrah’s 4,5 Millionen Besucher pro Jahr anziehen, davon 90 Prozent aus dem Ausland. Das ist auch der Grund für den Standort – die Nähe zu den glückspielverrückten Österreichern. Sie zählen zu den fleißigsten Spielern Europas, allein 2006 wurden 10,3 Milliarden Euro gesetzt. Doch die Monopolstellung von Casino Austria zieht immer mehr Spieler zu ausländischen Anbietern – im Internet. Dieses Potenzial hat Harrah’s im Visier. Der in Las Vegas ansässige Konzern plant wegen der Stagnation in den USA eine weltweite Expansion. Harrah’s wird an dem Projekt mit 49 Prozent beteiligt sein, 51 Prozent hält Hit. Dafür hat die slowenische Regierung die Obergrenze für die Beteiligung ausländischer Investoren an Glücksspielkonzernen gelockert. Auch der Steuersatz für Glücksspiel soll um die Hälfte gesenkt werden, aber nur, wenn das Casino tatsächlich Auswirkungen auf den Tourismus hat.

Schon jetzt reisen rund zwei Millionen Zocker nach Slowenien. Das neue Glücksspielzentrum soll aber mehr sein als ein Casino. Es wird 1500 Luxushotelzimmer, Kongress- und Einkaufszentren, Restaurants und einen Wellnessbereich umfassen. Das Projekt ist in Slowenien jedoch umstritten. Die konservative Opposition kritisiert es ebenso wie die katholische Kirche. Sie fürchten einen Anstieg der Kriminalität im jungen EU-Mitgliedsland. Das könnte ein schlechtes Licht werfen auf die Nation, die als vorbildlicher EU-Neueinsteiger gilt. Ingo Wolff

Ingo Wolff

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