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Gondolieri versammeln sich in Trauer an der Rialtobrücke.

© REUTERS

Gondel-Unfall in Venedig: Mitten in der Schönheit des Canal Grande lauert die Gefahr

Die Lage im Canal Grande an der Rialtobrücke in Venedig ist schon lange gefährlich. Warum hat nie jemand gewarnt? Nach dem tödlichen Gondel-Unfall denkt Venedig über Sicherheitsmaßnahmen nach. Die Universität München trauert um den toten Rechtsprofessor.

Von Andreas Oswald

Wer zu Stoßzeiten mit dem Boot durch den Canal Grande fährt, wundert sich zuweilen, dass das gut geht. Vor allem an der Rialtobrücke ballt sich der Verkehr. Die Vaporetti – so heißen die großen Wasserbusse – halten alle an der rechten Seite, egal, aus welcher Richtung sie kommen. Die müssen dann dicht aneinander vorbei, was einiges Geschick der Kapitäne erfordert. Immer wieder müssen sie zurückstoßen, um dann irgendwie durchzukommen. Ausgerechnet an dieser Stelle ist aber auch eine der größten Gondelstationen. Dutzende Gondeln versuchen hier, bei aufgewühltem Wasser, wild schlingernd zwischen den Vaporetti durchzukommen, die selber ihre liebe Not haben. Manches Pärchen, das verliebt in der Gondel sitzt, wird da jäh aus den Träumen gerissen.

Der tote Rechtsprofessor aus München war früher Richter am Oberlandesgericht Stuttgart

Bei dem tödlichen Unfall am Wochenende war ein Vaporetto zurückgestoßen und hatte eine Gondel, die der Kapitän offenbar nicht gesehen hatte, mitgerissen. Der Familienvater aus München und der Gondoliere stürzten ins Wasser, dann wurde der Mann zwischen der Fähre und einem Pier zerdrückt. Seine kleine Tochter erlitt eine Gehirnerschütterung und Verletzungen im Gesicht. Die Ehefrau und die beiden Söhne des Paares sind unverletzt. Die Münchner Universität trauert um ihren Rechtsprofessor, der früher Richter beim Oberlandesgericht Stuttgart war.

Schiere Schönheit verdrängt jeden Gedanken an die Gefahr auf dem Canal Grande in Venedig

Es stellt sich die Frage, warum nicht längst einmal jemand angesichts der gefährlichen Situationen dort Alarm geschlagen hat. Wer durch den Canal Grande fährt, ist durch die schiere Schönheit des Ortes fast benommen, manche Frauen brechen gar in Tränen aus. Die Schönheit, das Wasser, die Brücke, die Häuser, die Atmosphäre und dazwischen wild schlingernde Gondeln – das alles vermischt sich zu einem so starken Bild, dass jedes Gefühl für eine konkrete Gefahr verdrängt wird.

Die Stadt denkt schon seit einiger Zeit über das erhöhte Verkehrsaufkommen in der Lagune nach. Die Zahl der Schiffe ist in den vergangenen drei Jahren von 2500 auf 3500 gestiegen. Das betrifft auch die Kreuzfahrtschiffe, die nicht direkt durch den Canal Grande fahren. Gestiegen ist aber auch das Verkehrsaufkommen durch immer mehr Gondeln und mehr Wassertaxis. Hinzu kommen die Boote von Handwerkern und Einwohnern sowie die vielen Polizeiboote, deren Kapitäne stolz in ihren schicken Uniformen am Steuer stehen und durch die Gegend kurven.

Die Gondolieri wollen keine Einschränkungen

Bürgermeister Giorgio Orsoni sagte, er wolle Gondeln nur noch zu bestimmten Zeiten fahren lassen, da der öffentliche Verkehr mit den Vaporetti Vorrang habe. Man könne an der Rialtobrücke die Anlegestellen verlegen, wo sich derzeit der Verkehr ballt. Die Gespräche darüber werden schwierig werden, der Gondoliere-Präsident Nicola Falconi hat sich gegen Einschränkungen ausgesprochen. mit dpa

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