zum Hauptinhalt

Panorama: Hannelore Kohl: Der Krankheit folgt die Depression

Patienten sind oft in Lebensgefahr, ohne dass ein Arzt davon weiß. Nach Selbstmordgedanken und Depressionen wird in deutschen Praxen immer noch zu wenig gefragt, sagen Suizidforscher.

Patienten sind oft in Lebensgefahr, ohne dass ein Arzt davon weiß. Nach Selbstmordgedanken und Depressionen wird in deutschen Praxen immer noch zu wenig gefragt, sagen Suizidforscher. Geradezu missverstanden werden oft Menschen, die wie Hannelore Kohl an einer schweren körperlichen Erkrankung leiden. Bei ihnen findet man es normal, dass sie depressiv werden. Damit bleibt eine schwere Depression mit der Gefahr der Selbsttötung oft unerkannt, oder sie wird heruntergespielt. Der Bayreuther Professor Manfred Wolfersdorf, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention, sagt, dass etwa 80 Prozent der Menschen, die ihre Selbsttötung planen, vier bis sechs Wochen vor der Tat über Beschwerden klagen - beim Arzt oder bei Angehörigen. Es seien vor allem alte Menschen, die nicht über ihre Probleme und Suizidgedanken sprechen.

Einen Freitod gibt es nicht, darin sind sich die Suizidforscher einig. Denn wer sich töten will, verfüge keineswegs über alle Wahlmöglichkeiten, die man für eine freie Entscheidung brauche. Die Einengung der Lebensmöglichkeiten, immer stärkere Hoffnungslosigkeit seien eine Vorstufe der Depression. Fast immer liege eine Depression vor, wenn sich jemand wegen einer schweren körperlichen Erkrankung umbringe, sagt der Münchner Psychiater Thomas Bronisch vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie. Die größte Suizidgefahr bestehe "erstaunlicherweise" am Beginn lebensverkürzender Krankheiten wie Krebs oder Aids.

Am häufigsten töten sich Menschen über 60. Die Gründe liegen oft in der Isolation der Menschen oder darin, dass man mit dem Verlust der beruflichen Tätigkeit nicht fertig wird. Aus Hoffnungslosigkeit kann eine Depression entstehen. In jedem Fall aber folgt aus einer Depression das Gefühl der Ausweglosigkeit. Der Suizidforscher Wolfersdorf spricht von der Depression als "Killerkrankheit Nummer eins". Nach der aktuellsten Statistik brachten sich 1999 insgesamt 11 157 Menschen um, das waren 3400 mehr als bei Verkehrsunfällen sterben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false