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Hitzewelle: Siesta statt Mittagsglut

Die Gluthitze beflügelt auch die Fantasie von Politikern: Parlamentarier von SPD und Grünen setzen sich für eine Siesta in Deutschland nach südeuropäischem Vorbild ein.

Berlin - Über eine solche Mittagspause wie in Italien oder Spanien sollte angesichts der mediterranen Temperatur- und Arbeitsbedingungen ernsthaft nachgedacht werden, erklärten mehrere Politiker.

Ex-SPD-Generalsekretär Klaus-Uwe Benneter regte eine Ruhepause von 12.00 bis 16.00 Uhr an. "Auch wir in Mitteleuropa müssen uns langfristig auf ein Klima wie in Südeuropa einstellen", begründete er seinen Vorstoß. Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele könnte sich eine anderthalb- bis zweistündige Siesta vorstellen. "Die Uhrzeit ändern wir ja auch jedes Jahr. Warum nicht auch die Arbeitszeit? Die Menschen könnten mittags ein kleines Schläfchen wagen und dann mit besonderer Frische abends länger arbeiten", erläuterte er.

Immerhin rund ein Drittel der Deutschen halten es bereits mit den Südeuropäern und ziehen sich bei Sommerhitze, wenn sie es dann können, zu einer Siesta zurück, ergab im vergangenen Jahr zumindest eine Umfrage.

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), steht dem Thema durchaus aufgeschlossen gegenüber. "Wenn unsere Kunden eine Siesta wollen, dann wird der Handel wohl reagieren müssen", sagte Sprecher Hubertus Pellengahr am Donnerstag. Die jetzigen Super-Sommer-Erfahrungen besagten, dass viele ihre Einkäufe in die kühleren Vormittagsstunden oder in den Abend verschieben. "Mittags ist es deutlich ruhiger", so der HDE-Sprecher. "Obwohl die großen Einkaufszentren in den Städten derzeit eigentlich die besten Orte sind, um der Hitze zu fliehen und einen wohl temperierten Bummel zu machen", meinte Pellengahr.

Keine Pausen bei der Bahn und im Flugverkehr

Bei der Deutschen Bahn wird über diese "Sommerloch-Idee" nur geschmunzelt. Das Zugpersonal könne nicht für ein paar Stunden einfach mal Pause machen, da "wir für unsere Kunden Tag und Nacht unterwegs sind", sagte Bahn-Sprecher Achim Stauß. "Da aber viele Intercity-Züge klimatisiert sind, wird vielleicht so mancher Geschäftsmann sein Büro in der Mittagshitze liebend gern mit einem Bahnwagen tauschen wollen."

Auch bei der Flugvereinigung Cockpit heißt es lapidar: "Das geht natürlich nicht." Die Passagiere wollten auch über die Mittagszeit den schnellen Service nutzen, sagte Cockpit-Sprecher Markus Kirschneck. "Unsere Piloten und das Kabinenpersonal wären schon froh, wenn sie mal eine Pause machen könnten und nicht bis zu 14 Stunden durcharbeiten müssten", fügte er hinzu.

Aus medizinischer Sicht sinnvoll

"Eine Siesta in der schlimmsten Hitze ist unbedingt zu befürworten", sagte Ingo Fietze, Leiter des Charité-Schlafforschungszentrums in Berlin. Durch ein Schläfchen in der Mittagspause, zwischen fünf Minuten und einer halben Stunde, tanke der Körper Energie. "Der Körper erholt sich, wenn sich der Geist für kurze Zeit verabschieden kann", gewinnt der Experte dem Politiker-Vorstoß eine positive Seite ab.

Selbst die Tiere machen bei diesen hochsommerlichen Temperaturen keinen Schritt zu viel. Sie legten mittags je nach Art gerne eine Siesta ein, weiß der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Zoodirektoren, Hubert Lücker. Bei Hitze zögen sich viele Tiere in den Schatten oder in die Innengehege zurück.

Bei den Bundesbürgern trifft der Politikervorstoß allerdings auf wenig Gegenliebe: In eine nicht repräsentativen Umfrage von "Spiegel online" votierten 40 Prozent der Leser gegen die ausgiebige Mittagspause. Nur 29 Prozent konnten sich für eine Siesta begeistern.

(Von Wolfgang Schönwald, ddp)

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