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HIV: Das Problem ist die Ignoranz

Obwohl jeder weiß, wie man sich gegen HIV schützen kann, steigt die Zahl der Neuansteckungen.

Die Leichtfertigkeit, mit der viele Menschen inzwischen wieder mit dem Thema HIV umgehen, ist eine Erklärung dafür, dass sich 25 Jahre nach der Entdeckung des Virus auch in Deutschland immer mehr Menschen infizieren und dass die Aids–Epidemie inzwischen weltweit unvorstellbare Ausmaße erreicht hat. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation sind inzwischen 25 Millionen Menschen an Aids gestorben, 33 Millionen weitere sind HIV-positiv. Zusammen sind das mehr Menschen als Frankreich Einwohner hat.

Allein in Afrika sind Schätzungen zufolge 22,5 Millionen Menschen infiziert. In Südostasien leben etwa vier Millionen HIV-Infizierte, in Lateinamerika 1,6 Millionen und auch in Nordamerika und Westeuropa gibt es insgesamt 2,2 Millionen Infizierte.

In Deutschland leben etwa 63 500 Menschen mit HIV. Und es infizieren sich immer mehr. Nach den aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts haben sich im Jahr 2008 in Deutschland 2826 Menschen mit HIV infiziert. 2001 waren es noch 1443. Der Trend ist auch in Berlin zu sehen. Hier wurden im Jahr 2001 insgesamt 200 Neuinfektionen gemeldet. Inzwischen hat sich die Zahl der jährlichen Infektionen mehr als verdoppelt. Für 2008 geht das Robert-Koch-Institut von 453 Neuinfektionen aus. Dirk Schürmann, Oberarzt an der HIV-Tagesklinik der Charité, macht dafür auch ein mangelndes Risikobewusstsein verantwortlich: „HIV hat für viele Menschen den Schrecken verloren, weil die Erkrankung inzwischen behandelt werden kann.“ Das Risiko werde daher als nicht sehr hoch eingeschätzt.

Grundsätzlich birgt ungeschützter Sexualverkehr mit einem HIV-Infizierten stets die Gefahr einer Ansteckung. „Das beträgt in etwa ein Prozent“, sagt Schürmann. Es komme dabei aber auch auf die Sexualpraktik an. „Bei Analverkehr ist das Risiko am größten, egal ob bei Mann oder Frau.“ Das gelte besonders, wenn der infizierte Partner aktiv sei. Grund dafür ist, dass die Darmschleimhaut für die Viren besonders empfänglich ist.

Aber auch Vaginalverkehr kann zu einer Infektion führen. „Weltweit betrachtet ist HIV eine heterosexuelle Krankheit“, sagt Schürmann. Männer und Frauen seien etwa gleich häufig betroffen. Auch bei Vaginalverkehr kommt es aber darauf an, wer infiziert ist. „Wenn die Frau HIV-positiv ist und der Mann nicht, wie das im vorliegenden Fall behauptet wird, dann ist das Risiko wohl am geringsten.“ Noch geringer ist das Risiko bei Oralverkehr, Safe Sex ist aber auch das nicht.

In Deutschland ist HIV vor allem unter Schwulen verbreitet. So wurden 72 Prozent der Neuinfektionen 2008 bei Männern festgestellt, die Sex mit Männern hatten. Nur 20 Prozent waren auf heterosexuelle Kontakte zurückzuführen. In Berlin leben etwa 9200 Menschen mit HIV oder Aids. 8100 davon sind Männer.

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