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Panorama: Hunde streicheln statt fernsehen

FRANKFURT AM MAIN ."Der mag mich", freut sich ein alter Mann in einem Erlanger Pflegeheim, als der Hund einer Pflegerin unerwartet auf sein Bett springt.

FRANKFURT AM MAIN ."Der mag mich", freut sich ein alter Mann in einem Erlanger Pflegeheim, als der Hund einer Pflegerin unerwartet auf sein Bett springt.Das ungestüme Verhalten des Vierbeiners bringt für kurze Zeit eine positive Veränderung in die Alltags-Routine.Für alle Beteiligten sei es überraschend gewesen, daß der hochbetagte schwerkranke Senior, der wochenlang kaum noch ansprechbar war, einen knappen Satz von sich gegeben habe, sagt dazu erfreut der Psychologe Erhard Olbrich von der Universität Erlangen-Nürnberg.

Zusammen mit dem Kuratorium Deutsche Altershilfe in Köln ruft der Wissenschaftler in einem neuen Ratgeber dazu auf, mit Tieren für mehr Abwechslung und Lebendigkeit in den Alten- und Pflegeheimen zu sorgen.Nur in etwa 20 Prozent dieser Einrichtungen in Deutschland seien Tiere überhaupt erlaubt.Die Träger und Heimleitungen befürchteten mehr Arbeit, gesundheitliche Risiken, zusätzliche Kosten sowie Störungen für Bewohner und Personal, wenn zum Beispiel Hunde oder Katzen da sind.In den USA sei dies ganz anders und die Aufgeschlossenheit gegenüber Tieren in den Senioren-Einrichtungen viel größer, berichtet der Erlanger Psychologe Olbrich über seine Erfahrungen.So habe er festgestellt, daß die Besuche bei den Alten und Pflegebedürftigen in den Heimen von Angehörigen mit Hunden oft viel entspannter verliefen.Und Olbrich fügt hinzu: "Man lacht öfter."

"Ohne Sissi wäre ich nicht in ein Heim gegangen.Sie ist für mich der Lebensinhalt", bekräftigt die 85jährige Greta Thomas.Erst nach langem Suchen fand die deutsche Seniorin gemeinsam mit ihrer Chihuahua-Hündin einen Platz im Altenzentrum der Arbeiterwohlfahrt im rheinischen Troisdorf."Es ist doch eine humane Geste, wenn man sein Tier mitbringen kann", gibt die alte Dame zu bedenken."Dadurch hat man das Gefühl, im Heim doch noch zu Hause zu sein."

Das Kuratorium Deutsche Altershilfe lobt die liberalen Regelungen in dem Troisdorfer Altenzentrum als beispielhaft.So habe Frau Thomas als Hundehalterin auch dafür zu sorgen, daß ihre Sissi andere nicht durch ihr Gebell störe.Neue Bewohner mit vierbeiniger Begleitung müßten beim Einzug zudem eine Adresse vorweisen, bei der das Tier notfalls untergebracht werden könne, wenn sie erkrankten oder nicht mehr dafür sorgen könnten.

In Frankfurt am Main besucht die Sozialpädagogin Ute Glasemann vom Verein "Tiere helfen Menschen" mit ihrer Mischlingshündin Paddy regelmäßig die Bewohner einiger Alten- und Pflegeheime.Früher habe sie auch Hunde gehabt, strahlt die 93jährige Luise Großmann im Justina-von-Cronstetten-Stift und streichelt über das Fell von Paddy.Auch wenn ein "Einzugsverbot" für Hunde, Katzen oder Vögel besteht, müßten tierliebende Bewohner somit nicht völlig auf die Anwesenheit vierbeiniger oder gefiederter Hausgenossen verzichten, heißt es in dem Ratgeber des Kuratoriums.Dem Projekt zugeneigte und engagierte Hundehalter könnten etwa ihre täglichen Spaziergänge mit ihren Vierbeinern mit Besuchen in einem Altersheim verbinden.In einer Zeit, in der vielfach nur noch "Satt-und-Sauber-Pflege" und stundenlanges Sitzen vor dem Fernseher möglich sei, sollten ehrenamtliche Helfer Besuchsprogramme mit Tieren organisieren, regt Glasemann an: "Ein Hund, eine Katze oder ein Vogel sind oft besser als jedes Medikament."

WOLFGANG PLISCHKE (epd)

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