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Panorama: Ich gestehe!: Würden Sie fremden Leuten eine Geschichte erzählen, die Ihnen peinlich ist? Hier traut sich einer:

Im Jahr 1966 war ich Messdiener, und das bot naturgemäß einen idealen Nährboden für Peinlichkeiten der allerschlimmsten Art. Ich hatte allerdings bei einem vergleichsweise modernen Kaplan gelernt, was es für diesen im Grunde simplen Job zu lernen gab.

Im Jahr 1966 war ich Messdiener, und das bot naturgemäß einen idealen Nährboden für Peinlichkeiten der allerschlimmsten Art. Ich hatte allerdings bei einem vergleichsweise modernen Kaplan gelernt, was es für diesen im Grunde simplen Job zu lernen gab. Es war damals eine Zeit, als sich nicht nur das Klima in der Gesellschaft, sondern auch die Gepflogenheiten in der Kirche langsam lockerten. Als ich jedenfalls sonntagmorgens um sechs in Oberhausen meine erste Messe zu absolvieren hatte, tauchte mein Kompagnon, der zweite Messdiener, nicht auf - und auch nicht der Kaplan. Stattdessen kam Monsignore Pater Geulen, der die Messe noch nach altem Ritus abhielt. Ich bin also wie ein Wahnsinniger mit Kännchen und Buch vor dem Altar herumgerannt - und in gewisser Weise war dies meine erste "Bühne" - und die Messe mein erstes Theatererlebnis. Ich hatte allerdings alles vergessen: den Text, die Bewegungen, alles war falsch. In der Kirche saßen zwar nur zehn alte Frauen, aber auch meine Mutter. Die lähmende Gewissheit, auch die einfachsten Dinge falsch zu machen, war das Peinlichste, was ich jemals erlebt habe. Beim Schlusssegen habe ich dann zu allem Überfluss auch noch die Kniebeuge vergessen. Der Monsignore hat mich danach aus der Sakristei zurückgeholt vor den Altar, mich auf die Knie heruntergedrückt, mir auf die Wange geschlagen und gesagt: "So. Und jetzt kannst Du gehen." Danach habe ich geheult. Dann sagte er mir noch: Egal, was ich am Altar falsch machte, egal, was ich überhaupt in meinem Leben falsch machen würde - eines stünde fest: "Der Papst bleibt bei seinem Glauben."

Bea Schnippenkoetter

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