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Panorama: Im Grusel liegt der Spaß

Unter großem Andrang von Fans und Prominenten feierte London am Sonntag die Premiere des neuen Harry-Potter-Films. Am 14. November startet der Film in Deutschland

Als nächstes wird Harry Potter noch Bartstoppeln haben. Jedenfalls wächst Harry Potter Darsteller Daniel Radcliffe was das Zeug hält und wird seinem Besen bald entwachsen sein. Jetzt konnte sich die Weltpresse in Londons als Hogwarts Schulaula herausgeputzter Guildhall augenscheinlich vom rasanten Höhenwachstum des Stars überzeugen. Schon hat der 13-jährige eine sonore Tenorstimme entwickelt. Acht Inch (23 Zentimeter) hat er seit „Harry Potter und der Stein der Weisen" zugelegt und misst nun fünf Fuß vier oder 163 cm.

„Ich sagte Hi“

Vielleicht ist das ganz im Sinne von Autorin Joanne Kathleen Rowling. Auf sieben Bände ist die Romanserie angelegt und alles deutet darauf hin, dass Rowling ihren Helden – Zauberei hin oder her – tief in die dunkelsten Wirklichkeiten des Erwachsenenlebens hineinführen will.

Unter großem Andrang junger und alter Fans sowie vieler Prominenter feierte London am Sonntag die Weltpremiere des zweiten Harry-Potter-Films „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“. Am 14. November startet der Film weltweit.

Doch in London spekuliert man, bevor der Film mit einem historischen Superstart in rund der Hälfte der 3000 britischen Kinoleinwände anläuft, wie es danach mit der Filmserie weitergeht. Als hätten wir nicht genug damit, den neuen Abenteuern von Harry, Ron und Hermione entgegenzufiebern oder der immer noch ungelösten Frage, wann denn eigentlich nun Rowlings fünfter Potter Band erscheint. Geschrieben ist „Harry Potter und der Orden des Phoenix". Es muss nur noch der Lektor letzte Hand anlegen und die Werbestrategen müssen sich auf den besten Starttermin für das Buch einigen. Zeit bleibt genug nach dem Kinostart der „Kammer des Schreckens". Der dritte Film, „Harry Potter und der Gefangene von Asbakan", soll erst im Sommer 2004 anlaufen – mit, so wurde versichert, den gleichen Kinderstars wie bisher. „Wir alle machen auf jeden Fall den dritten Film", erklärte Dan Ratcliffe in London. „Danach, wer weiß?" Kein Zweifel, dass er und seine Hauptdarsteller-Kollegen das Leben als Stars genießen. Eben noch warben sie in den USA für den Potter-Start, nun stehen sie in den USA im Scheinwerferlicht. Die Oprah Winfrey Show und Lettermann, die BBC und die Londoner Guildhall. „Cool" ist das übereinstimmende Urteil für einen Lebenszustand, bei dem Ratcliffe zwar zwei Millionen Pfund für einen Film bekommt, von seinen klugen Eltern aber weiter knapp mit dem Taschengeld gehalten wird. Mit dem wenigen, was er hat, kauft er sich am liebsten Punk-Platten. „Im Moment höre ich die Sex Pistols, The Clash und The Stranglers. Ich mag die Haltung und den Sound der Punk Musik." Sein Leben habe sich „erstaunlich wenig geändert", berichtet Radcliffe. „Natürlich werde ich manchmal erkannt und die Leute sprechen mich auf der Straße an. Aber das macht irgendwie Spaß und ist cool. Alle sind echt begeistert." Einmal hat ihm sogar ein Mädchen aufgelauert. „Sie hatte nur ein Harry-Potter-Handtuch an". Neunzig Minuten soll sie so in der Kälte vor einem New Yorker Hotel gestanden und ihr Schild hoch gehalten haben: „Nichts soll mich und Harry Potter trennen". Schließlich ging Radcliffe hin. „Ich sagte Hi. Das war ziemlich cool".

Rupert Grint, der Harrys besten Freund Ron Weasley spielt, ist ein Jahr älter und widmet sich mit größerer Zielstrebigkeit der Schauspielerei – auch wenn sich bei dem Jungstar nun „die Lehrer einschmeicheln". Zwischen den beiden Potters hat er noch schnell den Film „Thunderpants" gedreht und er gibt unumwunden zu, dass er gerne noch mehr als die drei vertraglich gesicherten Potter Fortsetzungen drehen würde. „Vielleicht bis Nummer fünf. Es macht einfach Spaß." Niemand hänselt ihn mehr wegen seiner roten Haare, im Gegenteil. „Ich bin da in guter Gesellschaft. Seht euch doch Nicole Kidman an.“ Am meisten begeisterte ihn der Flug in die Zauberschule Hogwarts im alten Ford Anglia von Harrys verhassten Pflegeeltern, den Dursleys: „Wir waren 15 Meter in der Luft, wie auf einem Jahrmarkt".

Zweieinhalb Stunden vollgepackt mit Action ist der neuen Potter, der nun im Vorweihnachtsgeschäft gegen den neuen James Bond „Stirb an einem anderen Tag" und die zweite Folge von „Herr der Ringe" antritt. Die Chancen stehen gut für Harry. Die erste Filmfolge spielte über 900 Millionen Dollar ein und gilt schon als der zweiterfolgreichste Film aller Zeiten. Kein Wunder, dass Harry Potter nun eine andere britische Institution, James Bond, aus seinem angestammten Premierenkino verdängt hat, dem Odeon am Leicester Square.

„Harry Potter und die Kammer des Schreckens", versichert Ruper Grint, ist „lustiger, spannender und grusliger" als der erste Film – und das wieder volle zwei einhalb Stunden lang. Regisseur Chris Columbus muss sich nicht mehr mit umständlichen Einführungen von Charakteren und Situationen abgeben und kann gleich zur Sache kommen. Die geheimnisvolle dunkle Macht, die in der Hogwarts-Schule die Schüler zu Stein erstarren lässt, verspricht düstere Schrecken. Es gibt Action-Szenen wie den Kampf mit der Riesenspinne, den der Spinnenhasser Rupert bereits zu den Höhepunkten seiner Schauspielerlaufbahn rechnet. „Verantwortungsbewusste Eltern sollten ihre Kinder vorbereiten und mit ihnen über den Film sprechen", mahnte Columbus in fürsorglicher Pädagogenmanier.

Für Spaß und gute Laune sorgt Kenneth Branagh, der englische Shakespeare-Tragöde, der mit ondulierten Locken und altenglischem Tanzteecharme den eitlen Flunkerzauberer Gilderoy Lockhart gibt. Emma Watson, die Hermione, scheint sich sogar ein bisschen in Branagh verknallt zu haben: Die Lockhart-Szenen hätten echt Spaß gemacht, beteuert sie immer wieder: „Kenneth Branagh ist wirklich witzig und unheimlich nett". Nur der Tod von Richard Harris wirft einen Schatten über die Premiere. Für den dritten Potter-Film muss sich Columbus nun nach einem neuen Professor Dumbledor umsehen. An Spekulationen ist kein Mangel. Schon heißt es, Christopher Lee sei als neuer Seniorzauberer in Hogwarts vorgesehen.

Erfahrung mit dunklen Mächten hat er ja genug gesammelt. Als Graf Dracula.

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