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Panorama: In den USA folgte einem mißglückten Alleingang eine systematische Erneuerung der Schrift

Joseph Medill war nicht der erste. Schon lange vor der Initiative des Herausgebers und Eigentümers der "Chicago Tribune" warben amerikanische Reformer für vereinfachte Rechtschreibung.

Joseph Medill war nicht der erste. Schon lange vor der Initiative des Herausgebers und Eigentümers der "Chicago Tribune" warben amerikanische Reformer für vereinfachte Rechtschreibung. Pragmatismus wurde großgeschrieben. Benjamin Franklin war der berühmteste der frühen Reformer. Er stellte 1768 sogar ein neues phonetisches Alphabet vor. Aber Joseph Medill hatte ein Jahrhundert später einen Vorteil: Er besaß die größte Tageszeitung Chicagos. Und die begann in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts, einzelne Wörter zu vereinfachen.

1934 startete Medills Enkel Robert H. McCormick eine neue Initiative mit größerem pädagogischen Anspruch. In vier Leitartikeln wurden 80 Wörter vorgestellt, die künftig vereinfacht geschrieben werden sollten. Aus catalogue wurde catalog, aus missile wurde missil, das schwierige subpoena wandelte sich in subpena. Selbst gängige Begriffe wurden verändert: jazz wurde zu jaz, aus island wurde iland. Im Leitartikel vom 18. März gab die "Tribune" Antwort auf die selbst gestellte Frage, warum die Herausgeber von Wörterbüchern die Vereinfachung meiden: "Vorurteile und Konkurrenzdruck halten sie havon ab."

Aber viele Änderungen wurden nicht akzeptiert. Die "Tribune" reduzierte die Liste um die Hälfte, führte dann aber weitere Neuerungen ein. Es hieß nun tho, thru und altho an Stelle von though, through und although. 1945 wurde freight in frate verwandelt, 1949 das ph - außer am Wortanfang - in f: autograf stand neben philosofy.

Alle Pädagogik half nicht. Immer mehr Wörter schrieb die "Chicago Tribune" wieder in der alten Form. Die Zeitung war nicht mächtig genug, über die Änderung einzelner Wörter die Sprache zu vereinfachen.

Noah Webster war da erfolgreicher mit seinen Vorschlägen zu einer systematischen Reform. Der Herausgeber des American Dictionary of the English Language (1828) stellte eine Liste mit grundlegenden Vereinfachungen vor. 1864, zwei Jahrzehnte nach seinem Tod, übernahm das "National Printing Office" die meisten seiner Vorschläge für alle offiziellen Schriftstücke des Bundes. Das verhalf mancher Regel endgültig zum Durchbruch: Aus centre wurde center, colour changierte zu color und Schiffe, die einen britischen harbour verlassen hatten, liefen jenseits des Atlantik in einen harbor ein.

Paul Stoop

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