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Verbotene_Stadt

© AFP

Kältewelle: China versinkt im Schnee

Der ungewöhnlich heftige Wintereinbruch in China hat weite Teile des Landes lahmgelegt. Die schwersten Schneefälle seit 50 Jahren fordern inzwischen immer mehr Menschenleben.

Die Bilanz der vergangenen Tage in China sieht düster aus: Immer mehr Todesopfer, Hunderttausende Passagiere, die an Busstationen, Flughäfen und Bahnhöfen gestrandet sind, kletternde Lebensmittelpreise und Kohle- und Energieknappheit, wie es sie in den meisten Regionen noch nie gegeben hat.

Bei einem Busunglück kamen heute mindestens 25 Menschen ums Leben. Das überfüllte Fahrzeug kam von einer vereisten Bergstraße ab und stürzte 40 Meter tief in ein Tal. 24 Chinesen waren schon in den vergangenen Tagen bei Unfällen ums Leben gekommen. Einige starben auch, als ihre Häuser unter den Schneemassen einstürzten.

Katastrophale Zustände in Guangzhou

Das Schneechaos kommt ausgerechnet zur stärksten Reisezeit vor dem traditionellen Neujahr, Chinas wichtigstem Familienfest. Nach Angaben der Behörden sind 78 Millionen Menschen in 14 Provinzen Süd-, Zentral- und Ostchinas von dem Unwetter betroffen. 500.000 Reisende waren am Wochenende am Bahnhof der südchinesischen Stadt Guangzhou (Kanton) gestrandet, heute sollen es noch 200.000 gewesen sein.

100 Wartende fielen dort wegen Unterzuckerung in den vergangenen Tagen in Ohnmacht. Auf dem Bahnhofsplatz mussten zehn Notunterkünfte, 40 zusätzliche Toiletten und Essenstände aufgestellt werden. "Ich muss jeden Tag mindestens 50 Yuan (5 Euro) für Essen ausgeben", klagte der Wanderarbeiter Jin Zhiyun, der mit seiner Frau bereits seit 48 Stunden vor der Bahnstation ausharrte, den Staatsmedien sein Leid.

Kältewelle hält an

Dem Wetteramt zufolge dürfte es noch einige so Tage kalt bleiben. Selbst im sonst milden Schanghai blieb dieser Tage der Schnee liegen. "Ich mag den Schnee", sagte dort eine Wanderarbeiterin aus der Provinz Anhui. Aber besonders für Chinas bis zu 200 Millionen Wanderarbeiter dürfte es nun schwierig werden, in ihre Heimatstädte zu reisen und dort mit ihren Familien am 7. Februar das "Jahr der Ratte" einzuläuten.

Betroffen von dem Schneechaos war auch der deutsche Arzt Martin Schneider aus Sankt Augustin bei Bonn. Im Rahmen einer zehntägigen Mission behandelt der Kinderkardiologe derzeit in mehreren Städten herzkranke chinesische Kinder. Dabei war auch ein Einsatz in einem der größten privaten chinesischen Herzzentren in Wuhan vorgesehen. Die etwa 15 Patienten hofften jedoch vergeblich - wegen der extremen Wetterverhältnisse musste die Reise abgesagt werden, weil die Stadt nicht erreichbar war. Insgesamt hatte der Chefarzt im Deutschen Kinderherzzentrum auf seiner Reise fast 40 Kinder per Herzkatheter versorgt.

Auch der Regierungschef wird nicht verschont

Inzwischen flog Ministerpräsident Wen Jiabao, der sich gern als Mann des Volkes zeigt, in die schwer betroffene Zentralprovinz Hunan und präsentierte sich mit Schal und Daunenjacke den wartenden Massen im Bahnhof der Stadt Changsha. Aber auch der Regierungschef wurde vom Unwetter nicht verschont - sein Flug war zunächst in eine Nachbarprovinz umgeleitet worden.

In Shanghai streiten sich nun die Menschen, ob es der erste richtige Schnee seit zwölf oder gar 17 Jahren ist. Der Kälteschock hat offenbar sogar dazu beigetragen, dass am Montag die Börsenkurse um sieben Prozent einbrachen. Medien sprechen von "schwarzen" Börsenaussichten vor "weißen" Wetterverhältnissen. Laut örtlichen Medienberichten geht in Shanghai außerdem der Kohlevorrat zu Ende.

Till Fähnders[dpa]

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