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Kanada: Zum Töten freigegeben

Allen internationalen Protesten zum Trotz beginnt an diesem Samstag bei Morgengrauen ein blutiges Drama: Kanada hat 325.000 Sattelrobben und 10.000 sogenannte Klappmützen zum Schlachten freigegeben.

Montréal/New York - Allein im Golf des St.-Lorenz-Stroms dürfen einheimische Fischer 91.000 Robben erlegen und häuten. Die übrigen Tiere dürfen im April vor der Küste Neufundlands und Labradors geschlachtet werden. Tierschutzorganisationen kritisieren, dass wehrlose Jungtiere auf grausame Weise erschlagen und nicht selten bei lebendigem Leib gehäutet würden.

Warnungen des Internationalen Tierschutz-Fonds (IFAW), dass die hohe Fangquote den Bestand der Robben gefährden könnte, weist das Fischereiministerium in Ottawa zurück. Seiner Schätzung nach leben knapp sechs Millionen Robben auf dem Packeis vor Kanadas Nordostküste.

Gemetzel im 21. Jahrhundert

Der IFAW fürchtet, dass schon der milde Winter den Robbenbestand gefährdet hat. Robben bräuchten stabiles Eis, um ihre Jungen aufzuziehen. Vermutlich sei ein Teil des Nachwuchses ertrunken. Außerdem werden die Fischer wegen der dünnen Schollen einen Großteil der Robben vom Schiff aus schießen, erklärte der Meeresbiologe und Leiter des IFAW Deutschland, Ralf Sonntag, am Freitag. «Dabei verletzen sie viele Tiere nur. Diese können sich oft noch ins Wasser flüchten, wo sie dann aber verbluten».

Sonntag wollte das Robbenschlachten am Wochenende zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Bärbel Höhn (Grüne) beobachten. Die Vorsitzende des Bundestag-Agrarausschusses kritisierte: «Dass im 21. Jahrhundert immer noch so ein Gemetzel stattfindet, ist eine Schande. Auch in Deutschland müssen wir unseren Beitrag leisten, um diese Jagd zu beenden.» Die Grünen fordern zusammen mit dem IFAW von der deutschen Bundesregierung ein nationales Handelsverbot für alle Robbenprodukte. Nach einer aktuellen Umfrage von TNS Infratest im Auftrag des Tierschutz-Fonds würden drei Viertel der deutschen Bevölkerung ein solches Verbot befürworten, betonte der IFAW.

Brigitte Bardot in Ottawa

Außer dem Ex-Beatle Paul McCartney und seiner Frau Heather Mills hat auch die französische Schauspielerin Brigitte Bardot vor Ort ihre Stimme erhoben. «Bevor ich sterbe, will ich, dass dieses Massaker ein Ende hat», sagte Bardot nach Berichten kanadischer Medien. Die Filmdiva, 71-jährig und auf Krücken angewiesen, war nach Ottawa geflogen, um mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper und Fischereiminister Loyola Hearn zu sprechen. Keiner der beiden nahm sich jedoch Zeit für sie.

Etliche Einwohner der industriearmen Atlantik-Provinz Neufundland leben vom Verkauf der Robbenfelle, deren Preis in den vergangenen Jahren auf das Zehnfache gestiegen war. Er lag nach Angaben kanadischer Medien im vergangenen Jahr bei 70 bis 100 Dollar (50 bis 70 Euro). Eine weitere Einnahmequelle ist das Öl, das aus den Tieren gewonnen wird. (Von Gisela Ostwald, dpa)

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