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Panorama: "Keine Infos" und "keine Verantwortung"

In Köln wird nach Schuldigen für den Einsturz des Stadtarchivs gesucht. Der Oberbürgermeister macht dabei keine glückliche Figur.

Während die Kölner Stadtspitze wegtaucht und bisher niemand die Verantwortung für das Desaster beim U-Bahn-Bau übernimmt, debattierte der Stadtrat am Mittwochabend in einer Sondersitzung über den Einsturz des Stadtarchivs. Besonders kritisch wird in Köln inzwischen über den Oberbürgermeister debattiert. Das Unglück hat Fritz Schramma im Nach-Karnevals-Urlaub aufgeschreckt, er musste eilig nachts aus Österreich herbeigeschafft werden. Als er bald 24 Stunden nach der Katastrophe am Ort des Geschehens die ersten Interviews gab, warf er plötzlich die Frage auf, ob der Bau solcher Bahnen unter dicht besiedelten Stadtteilen nicht „fast unverantwortlich“ wäre. In den Tagen danach folgten reihenweise Stellungnahmen zu der Frage, ob und wenn ja mit welchen Konsequenzen man den Bau der fast fertigen U-Bahn noch stoppen könnte.

Erstaunen löste der Oberbürgermeister aus, weil er als oberster Chef des Krisenstabes wieder zurück nach Österreich jettete, um die Hotelrechnung zu bezahlen und seine Frau abzuholen. Wer ihn am vergangenen Freitag zu erreichen versuchte, musste sich schon mal mit dem Hinweis „habe keine Infos“ zufrieden geben. Als seine Abwesenheit öffentlich thematisiert wurde, stellte die Stadtverwaltung klar, dass er zu jeder Zeit über die modernen Kommunikationsmittel erreichbar gewesen sei.

Den Betroffenen ist damit nur wenig geholfen. Inzwischen versuchen sich mehrere Gutachter daran, die Ursache für das Unglück zu erforschen; eindeutige Antworten gibt es nicht. „Wir wissen, was passiert ist, aber nicht warum“, heißt das in den Worten von Jürgen Fenske, dem neuen Chef der Kölner Verkehrsbetriebe, der erst seit Januar im Amt ist. In der Öffentlichkeit muss sich eher Walter Reinarz behaupten, ebenfalls KVB-Vorstand und den Kölnern nicht zuletzt als ehemaliger CDU-Chef bestens bekannt. Reinarz hat die undankbare Aufgabe zu erklären, warum man nicht intensiver auf den schiefen Kirchturm reagiert hat, der sich wenige hundert Meter vom Stadtarchiv entfernt schon 2004 um 77 Zentimeter quer- gestellt hatte und nur durch aufwändige Sicherungsmaßnahmen wieder aufgerichtet werden konnte.

Inzwischen kursieren rings um den Dom mehrere Hypothesen zum Unglück. Die erste betrifft das Grundwasser. Möglicherweise, das zeigen Gutachten, ist mit dem Wasser zu viel Sand und Kies aus der 28 Meter tiefen Baugrube abgepumpt worden, sind neben den Schlitzwänden Hohlräume entstanden. Zweitens könnte eine der seitlichen Betonwände wegen eines Materialfehlers undicht geworden sein, was wiederum die Bauarbeiter zu ihrem Glück so rechtzeitig gemerkt haben, dass sie die Grube verlassen und die Besucher des Stadtarchivs warnen konnten. Während alles weitgehend unklar ist, hat nur einer den Durchblick: Oberbürgermeister Fritz Schramma. Der Christdemokrat hat wiederholt jede Verantwortung zurückgewiesen. „Ich habe diese Dinge nicht in Verantwortung“, antwortet er geschraubt auf entsprechende Fragen.

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