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Spaß am Großwerden. Auch in Birma ist die Sterblichkeit unter Kindern stark gesunken.

© dapd

Kindersterblichkeit: Chance auf Leben

Die Kindersterblichkeit hat sich in den vergangenen 20 Jahren fast halbiert. Dennoch wären viele Todesfälle mit einfachen Mitteln vermeidbar.

Von Katrin Schulze

Manchmal reicht schon ein Moskitonetz, um ein Kinderleben zu retten. Oder ein Medikament. Oder eine Impfung. Trotzdem starben im vergangenen Jahr jeden Tag weltweit 19 000 Kinder, wie Unicef und andere UN-Organisationen am Donnerstag mitteilten. „Es gibt noch einiges zu tun“, sagte der Chef des Kinderhilfswerks, Anthony Lake. Dabei lesen sich die einfachen Zahlen des Berichts zunächst hoffnungsvoll. Beinahe halbiert hat sich Kindersterblichkeit in den zurückliegenden 20 Jahren. Erlebten 1990 mehr als zwölf Millionen Kinder nicht ihren fünften Geburtstag, waren es 2011 noch 6,9 Millionen.

Der Trend stimmt, die Dimension allerdings stellt so recht keinen zufrieden – nicht die Mitarbeiter von Unicef, nicht die Politiker und nicht andere Beobachter. Denn die angestrebte Vorgabe der Staatengemeinschaft, das sogenannte Millenniumsziel, ist noch weit entfernt und wird voraussichtlich verfehlt werden: die Kindersterblichkeit bis zum Jahr 2015 um zwei Drittel senken. „Die Frage ist, ob der Rückgang der Todesfälle dem entspricht, was möglich wäre“, sagt Entwicklungspolitiker Uwe Kekeritz (Grüne) und schiebt seine Antwort gleich hinterher: „Nein.“ Dass jeder dritte Todesfall mit Unterernährung zusammenhängt, sei nicht akzeptabel und belege, dass zu wenig getan werde.

Tatsächlich sind die Fortschritte ungleich verteilt. So kamen fünf Länder im vergangenen Jahr zusammen auf die Hälfte der Todesfälle bei Kindern: Indien, Nigeria, die Demokratische Republik Kongo, Pakistan und China. Das Land mit der weltweit höchsten Kindersterblichkeit ist Sierra Leone, dort starben 185 Kinder von 1000 lebend Geborenen unter fünf Jahren; zum Vergleich: in Deutschland waren es drei von 1000. Besonders gefährdet sind die ärmsten Kinder und Kleinkinder – 2011 überlebten etwa drei Millionen Babys ihre ersten 28 Lebenstage nicht.

Unicef fordert die Regierungen angesichts dieser Ergebnisse dazu auf, sich gezielt für eine bessere Grundversorgung für die am stärksten benachteiligten Familien einzusetzen – und wird dabei von der Opposition im Bund unterstützt. „Von dem Versprechen der schwarz-gelben Bundesregierung, zusätzlich 80 Millionen Euro für Mütter- und Kindergesundheit jährlich bis 2015 zur Verfügung zu stellen, ist nichts übrig geblieben. Es bleibt ein trauriges Nullsummenspiel“, sagt Entwicklungspolitikerin Bärbel Kofler (SPD). Ihr Kollege von den Grünen verlangt, die Beiträge Deutschlands für den Globalen Fonds zur Bekämpfung der wichtigsten Infektionskrankheiten von derzeit 200 auf 300 Millionen Euro zu erhöhen. „Die Industriestaaten müssen aktiver werden“, sagt Kekeritz. Schließlich sei ganz klar erkennbar, dass mit medizinischer Versorgung und Fachpersonal viel erreicht werden könne.

Eine bessere Hygiene und Trinkwasserversorgung hat in jüngerer Vergangenheit viel dazu beigetragen, dass die Anzahl der Kinder, die ihren fünften Geburtstag erleben, größer geworden ist. Aber auch die Bekämpfung ansteckender Krankheiten zeige nach den Angaben von Unicef gute Erfolge. Die Zahl der Kinder, die an Masern sterben, ging beispielsweise von 500 000 im Jahr 2000 auf 100 000 (2011) zurück, dennoch kamen vor allem im südlichen Afrika und Südostasien immer noch viele Kinder wegen vermeidbarer Krankheiten um. Die häufigste Todesursache im Kindesalter ist die Lungenentzündung, gefolgt von Durchfallerkrankungen und Malaria.

Krankheiten also, die bei richtiger und schneller Hilfe gut behandelbar sind, nicht zum Tode führen müssen oder gar gänzlich vermeidbar wären. Durch Moskitonetze oder Medikamente. Wenn man die Maßnahmen zur Malaria-Vorbeugung und die Ausbildung von Hebammen vorantreibt, würden die Überlebenschancen von Kindern deutlich besser werden, erklärte Unicef.

Viel braucht es nicht.

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