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Panorama: Madrid verbietet Partys auf den Straßen

Öffentliche Trinkgelage bringen das Fass zum Überlaufen

Von Ralph Schulze, Madrid

Die typische Ausgeh-Ausrüstung des modernen spanischen Jugendlichen sah bisher so aus: Eine Zwei-Liter Flasche Cola, zwei Einweg-Kartons billigen Rotweins, eine Flasche Rum. Das reicht, um die laue Sommernacht draußen, auf einem der vielen Plätze der Stadt, bombastisch zu verbringen. Rund 500 000 junge Leute betrinken sich öffentlich, vorzugsweise am Wochenende, allein in der Hauptstadt Madrid, auf deren Gassen sich von zehn Uhr abends bis sechs Uhr morgens ein wildes und für die Anwohner schlafraubendes Gelage abspielt. „Botellon – große Pulle“, heißen die Massenorgien, mit denen nun Schluss sein soll: Trinken auf Madrids Straßen ist neuerdings verboten. Das Volk taufte die behördliche Bestimmung auf den n „Trockengesetz". Eine Paragraphen-Waffe, mit der die Regionalregierung nicht nur der Jugend, sondern gleich allen feierfreudigen Bürgern den Hahn zudreht. Alle Getränke, welche die Sinne benebeln könnten, werden aus dem öffentlichen Straßenleben verbannt. Nur in den Kneipen oder den eigenen vier Wänden darf der Alkohol noch ungebremst strömen.

Die Polizei Madrids hat einen weiteren Job: Die Kontrolle verdächtig schwankender Fußgänger. Die typischen Jugendtreffpunkte der Innenstadt sind nachts von der Polizei eingenommen. Plastiktüten, Handtaschen, Rücksäcke und sogar ausgebeulte Hosentaschen werden durchwühlt. Gesetzesbrechern drohen empfindliche Strafen: Bis zu 3000 Euro für erwachsene Freiluft-Trinker, gemeinnützige Arbeit für Jugendliche. Händler und Barkeeper, die Alkohol an Minderjährige verkaufen, zahlen zur Strafe bis zu 600 000 Euro. Schweres Geschütz, um eine öffentliche Trinklust zu bekämpfen, die es in dieser Ausartung wohl nur in Spanien gibt: Im Land der Fiestas wird am liebsten draußen und mit Freunden getrunken. Das macht die Sache freilich nicht besser: Drei Viertel der Jugendlichen zwischen 14 und 18 trinken regelmäßig Alkohol. Sie sind ganz nach den Eltern geraten, die mit schlechtem Vorbild vorangehen.

„Wir halten diese Massenorgien nicht mehr aus“, protestierten die Anwohner der großen Plätze in allen Städten Spaniens, auf denen nachts tausende junge Leute Alkohol in sich reinschütteten: Müllberge, Gestank nach Urin und Erbrochenem, Gegröle und zunehmender Vandalismus ließen das Fass überlaufen.

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