zum Hauptinhalt

Panorama: Medizinskandal: Hepatitis-kranke Ärzte operierten

Die Universitäts-Kliniken in Göttingen und Hannover wollen nach den jüngsten Hepatitis-Fällen die Vorsorge für Ärzte verschärfen. Das teilte ein Sprecher des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums am Montag mit.

Die Universitäts-Kliniken in Göttingen und Hannover wollen nach den jüngsten Hepatitis-Fällen die Vorsorge für Ärzte verschärfen. Das teilte ein Sprecher des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums am Montag mit. Die Göttinger Einrichtung habe über einen Ehrenkodex verfügt, worin Ärzte freiwillig erklären, dass sie gesund sind. Neu sei zudem, dass sie eine Krankheit zumindest anonym an die Klinik-Leitung melden müssen.

Am Freitag war bekannt geworden, dass ein Göttinger Herzchirurg seit 1977 bis zu 5000 Patienten operiert hatte, obwohl er wissentlich mit Hepatitis B infiziert war. Das Wissenschaftsministerium hat Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen den Mediziner gestellt. Außerdem hatte ein weiterer Arzt an der Medizinischen Hochschule Hannover in den 1980er Jahren trotz Hepatitis B-Infizierung gearbeitet.

Die Hotline des Göttinger Universitäts-Klinikums ist verstopft. Viele Patienten sind verunsichert. "Ich will ganz schnell wissen, ob mein Kind angesteckt wurde. Aber die Leitung ist immer belegt", klagt ein Vater aus Braunschweig. Sein zweieinhalb Jahre alter Sohn wurde im vergangenen Jahr von dem Göttinger Herzchirurgen operiert.

Die Empörung reicht von Patienten über Mediziner bis zu Politikern. Doch überraschend kam der Skandal nicht. Allzu häufig waren ähnliche Fälle bekannt geworden. 1999 in Aachen und Kleve, im vergangenen Jahr in Itzehoe. Erst kürzlich kam heraus, dass im Hamburger Universitäts-Krankenhaus ein Chirurg nach einem Gehirnschlag weiter operierte. Und gemeinsam mit dem Göttinger Fall enthüllte Niedersachsens Wissenschaftsminister Thomas Oppermann (SPD) am Freitag gleich einen weiteren Hepatitis-Fall an der Medizinischen Hochschule in Hannover aus den 1980er Jahren.

"In einigen Krankenhäusern herrscht ein fehlendes Problem-Bewusstsein", kritisiert der Vorsitzende des Marburger Bundes, Frank Ulrich Montgomery. Ärzte untersuchten Ärzte zu wenig. Ein Kontroll-Check alle zwei Jahre sei unter Umständen nicht genug, meint Montgomery. Manche drückten sich sogar für längere Zeit davor. Er fordert, die Betriebsärzte zu mehr Hartnäckigkeit gegenüber den Angestellten auf. Sie müssten sie stärker in die Zange nehmen, damit sie ihre Krankheit offenbarten.

Bei den erwähnten Krankenhaus-Skandalen kommt den Betriebsärzten eine besondere Rolle zu. Sie wissen meist über die Krankheiten der Angestellten Bescheid, dürfen aber wegen ihrer Schweigepflicht nichts sagen. Das könne jedoch nicht alles entschuldigen, meint Montgomery. "Die Schweigepflicht ist ähnlich wie beim Pastor im Beichtstuhl, der sie ja auch brechen darf, wenn ein Kapitalverbrechen droht." Ein Betriebsarzt müsse in gefährlichen Fällen den Arzt zur Offenbarung drängen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false