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Nashorn-Baby: "Heini" wird sehen können

Regungslos liegt "Heini" wie ein großer grauer Berg unter Tüchern auf dem OP-Tisch. Ein Glück, die Augen-Operation des Nashorn-Babys ist geglückt.

Hodenhagen - In das Maul des acht Monate alten Tieres führt ein Schlauch, durch den Narkosegas in die Lungen strömt. Eine martialisch anmutende Stahlklammer drückt die ledrigen Augenlider des Nashorns auseinander. Über "Heini" gebeugt steht Augentierarzt Jens Linek. Er trägt OP-Haube, Mundschutz und ein Kopfmikroskop, das einem Nachtsichtgerät ähnelt. Mit Skalpellen, Spritzen und allerlei Spezialgerät versucht er, dem von Geburt an blinden Tier aus dem Serengeti-Park in Hodenhagen (Niedersachsen) das Leben zu retten.

Die Operation ist "Heinis" einzige Chance. Die Nashorn-Herde würde ein blindes Tier verstoßen. Im Freigehege wäre die Verletzungsgefahr zu groß, eine isolierte Stallhaltung nicht artgerecht. Als Linek und die Narkoseärzte den improvisierten OP-Saal im Breitmaulnashorn-Haus nach zweieinhalb Stunden verlassen, herrscht Erleichterung und Zufriedenheit. "Die Operation ist gut gelaufen", sagt Linek. "Man wusste nicht, was man zu erwarten hat." Doch er konnte den angeborenen "Grauen Star" operieren, die vollständig eingetrübten Linsen der Augen mit Ultraschall zertrümmern und entfernen. Künstliche Linsen zu implantieren, wie ursprünglich geplant, war allerdings nicht möglich. "Das hat die Anatomie des Nashornauges nicht hergegeben", sagt Linek. Während die Augen von Hunden oder Pferden vergleichsweise häufig operiert werden, war dies der erste Eingriff bei einem Nashorn.

Operation sichert Akzeptanz in der Herde

"Heini" wird auch ohne künstliche Linse sehen können, meint der Arzt. Vielleicht ein wenig verschwommen, aber klar genug, um Objekte wahrzunehmen. Vor der Operation gab es für "Heini" höchstens Hell oder Dunkel. Wenn die Sonne schien, blendete ihn das durch die Trübung diffus einfallende Licht. Wie erfolgreich die Operation tatsächlich verlaufen ist, zeigt sich aber erst in zwei Wochen, wenn alle Wunden verheilt sind.

Für den acht Monate alten "Heini" war die Narkose trotz seiner bereits 350 Kilo Gewicht besonders gefährlich, weil Nashörner ein empfindliches Herz-Kreislaufsystem haben. Aus Österreich war eigens ein in der Anästhesie von Dickhäutern erfahrener Tierarzt angereist. Ein Narkose-Team der Tierärztlichen Hochschule Hannover kam mit einem Beatmungsgerät, und die Operation begann erst, als zur Sicherheit auch ein Rettungswagen mit einem Defibrillator zur Wiederbelebung an Bord eingetroffen war. Zum Einsatz kam das Gerät zum Glück nicht.

Breitmaulnashorn-Mutter durfte dabei sein

Breitmaulnashorn-Mutter "Doris" durfte in einer Box neben dem OP- Tisch bei dem Eingriff dabei sein. "Sie hat ein Beruhigungsmittel bekommen und Luzerne-Heu, damit sie etwas beschäftigt ist", sagt Tierpfleger Oliver Kant. Er kennt sogar die Augenfarbe des kleinen Nashorns: "Ein dunkles Braun und etwas Grau am Rand." "Heini" feiert am 30. August seinen ersten Geburtstag. Sein Pfleger hofft, dass das Nashorn-Baby diesen Tag erlebt und dann immer noch sehen kann. Wenn die Operation misslungen wäre, hätte der Park "Heini" einschläfern müssen. (Dirk Averesch, dpa)

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