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Panorama: Neuer Hyperjet: In einer halben Stunde nach New York?

"Jet-setting at its best" könnte man eine Zukunftsvision nennen, die die Nasa zur Zeit verfolgt: In 30 Minuten von Berlin nach New York. Für Flugreisende könnte dieser Traum bereits 2050 zur Realität werden.

"Jet-setting at its best" könnte man eine Zukunftsvision nennen, die die Nasa zur Zeit verfolgt: In 30 Minuten von Berlin nach New York. Für Flugreisende könnte dieser Traum bereits 2050 zur Realität werden. Der Grundstein wird schon heute gelegt. Voraussichtlich am Sonnabend wird die X-43A von der Edwards-Luftwaffenbasis in Kalifornien zu ihrem Jungfernflug starten und hoch über dem Pazifik bereits die siebenfache Schallgeschwindigkeit (Mach) - das sind rund 7600 Stundenkilometer - erreichen. Dass der einem fliegenden Surfbrett mit Leitwerk ähnelnde Minijet anschließend abstürzt und für immer in den Tiefen des Ozeans versinkt, ist beabsichtigt.

Für die amerikanische Luft- und Weltraumbehörde Nasa bedeutet das Hyper-X-Projekt nach 33 Jahren die Rückkehr in die Hyperschall-Forschung. 1969 war die legendäre X-15 zu ihrem letzten Flug gestartet. Mit einer dieser Maschinen stellte Luftwaffenpilot Pete Knight 1967 den bisher ungebrochenen, inoffiziellen Geschwindigkeits-Weltrekord von Mach 6,7 auf.

Der Flug mit der X-15 war ein Ritt auf einer Rakete. Fast der gesamte Rumpf war mit Sauerstoff- und Wasserstofftanks gefüllt. Platz für Passagiere blieb bei diesem Konzept nicht. Bei der nur vier Meter langen, unbemannten X-43A geht man deshalb neue Wege. Als Antrieb dient ein röhrenförmiger Scramjet ohne bewegliche Teile. Der Fahrtwind wird bei hoher Geschwindigkeit allein durch den Eintritt ins Rohr verdichtet, als Treibstoff nur Wasserstoff benötigt. Weil das Triebwerk nur bei hohem Tempo arbeitet, wird die X-43A auf eine sonst für Satellitenstarts genutzte Pegasus-Rakete montiert und - ebenso wie einst die X-15 - unter der Tragfläche eines B-52-Bombers auf rund 7300 Meter Höhe geschleppt. Nach dem "Abwurf" in einem militärischen Sperrgebiet über dem Pazifik, südwestlich von Los Angeles, katapultiert die Rakete den Minijet auf 29 Kilometer Höhe. Dort wird die Starthilfe abgesprengt und das "rasende Surfbrett" beschleunigt mit eigener Kraft für zehn Sekunden auf siebenfache Schallgeschwindigkeit. Bevor die X-43A nach rund 900 Kilometern Gesamtflugstrecke aus Treibstoffmangel abstürzt, werden alle relevanten Daten per Funk zu den Bodenstationen übertragen. "Wir schreiben Luft- und Raumfahrtgeschichte" sagt Joel Sitz, zuständiger Programmmanager im Dryden Flight Research Center der NASA. "Für den Hyperschallbereich bedeutet das so viel wie einst der erste Luftsprung der Gebrüder Wright für den Motorflug". Eine Bergung und Wiederverwendung ist nicht beabsichtigt. Wenn weitere 400 Millionen Mark bewilligt werden, kann zwischen 2004 und 2006 die nur geringfügig größere X-43C an den Start gehen, die Kohlenwasserstoff als Treibstoff benutzen und ebenfalls in drei Exemplaren gebaut werden soll. Aerodynamisch wird sie mehr einer Raumfähre als einem Flugzeug ähneln. Damit ist auch das primäre Ziel des Forschungsprojektes deutlich, einen Nachfolger für den Space Shuttle zu entwickeln. Rund eine Milliarde Mark wären nötig, um die 13 Meter lange X-43B zu bauen und 2008 fliegen zu lassen. Sie beschleunigt nach dem "Abwurf" von der B-52 aus eigener Kraft auf siebenfache Schallgeschwindigkeit und landet nach dem Testflug auf einem normalen Flugplatz.

Auf dieser Basis sollen dann bemannte Luft- und Raumfahrzeuge entstehen, die mit Hilfe eines zusätzlichen Raketentriebwerks mit eigener Kraft starten und auf Betriebsgeschwindigkeit des Scramjets beschleunigen. Frühestens 2025 könnte dann ein einsatzfähiges Raumfahrzeug zur Verfügung stehen, sagt Dave Reubush vom Langley Research Center der Nasa. Die zivile Komponente steht erst am Ende der Entwicklung und könnte Mitte des Jahrhundert zu dem hyperschnellen Passagierjet führen, gegen den die Concorde eine lahme Ente wäre.

Rainer W. During

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