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Osterfeierlichkeiten: Tausende Pilger bei Kreuzweg

Papst Benedikt XVI hat im Beisein von Tausenden Gläubigen in Rom erstmals den Kreuzweg geleitet. In einer kurzen Ansprache prangerte das Kirchenoberhaupt die Laster der modernen Welt und die "Dekadenz des Egoismus" an.

Rom - Bei Fackelschein und sternklarem Himmel hat Papst Benedikt XVI. am Freitagabend erstmals den Kreuzweg in Rom geleitet. An der Karfreitags-Prozession am stimmungsvoll erleuchteten Kolosseum nahmen Zehntausende Gläubige teil. Gemeinsam mit zahlreichen Pilgern machte sich der Kirchenführer auf den Weg, um bei Meditationen und Gebeten die 14 Stationen der Verurteilung Jesu zum Kreuzestod bis zu seiner Grablegung nachzuvollziehen. In Anlehnung an die in der Bibel überlieferten Begebenheiten wurden an jeder der Stationen Gebete und Meditationen verlesen.

Die Texte hat in diesem Jahr der Generalvikar von Rom, Erzbischof Angelo Comastri, verfasst. In dem vorab veröffentlichten Wortlaut der Via Crucis prangert der Vatikan dabei scharf Hunger und Elend in der Welt an und beklagt den Verfall der Familie. «Herr Jesus, lass den Skandal enden, der die Welt teilt in Villen und Baracken», hieß es in einem Gebet. «Ein Schritt genügte, und die Armen könnten sich zu Tisch setzen und die Traurigkeit verscheuchen von der Tafel der Egoisten, die für sich allein nicht feiern können».

Am Ende des Kreuzweges hielt der deutsche Papst, der in einen bis zum Boden reichenden roten Umhang gehüllt war, eine kurze Ansprache. Dabei betonte er, dass die Via Crucis keineswegs der Vergangenheit angehöre, sondern «Kontinente und Zeiten überschreite».

Vor allem griff die katholische Kirchen beim ersten Kreuzweg unter Papst Benedikt XVI. die Laster der modernen Welt an: «Herr Jesus, der Wohlstand lässt uns unmenschlich werden, die Vergnügung ist zur Entfremdung, zur Droge geworden; und der monotone Werbespot dieser Gesellschaft ist die Einladung, im Egoismus zu sterben», hieß es. Es sei nötig, sich von der «Dekadenz des Egoismus» zu befreien, um wieder Lebensfreude zu finden.

Zur Familie und mit Blick auf die Gentechnologie hieß es in der siebten Station, der Mensch wolle die Familie neu erfinden und das verändern, was Gott ersonnen hatte: «Doch sich an Gottes Stelle zu setzen, ohne Gott zu sein,ist die dümmste Arroganz, ist das gefährlichste Abenteuer.» Teilweise trug Joseph Ratzinger das Kreuz bei der Prozession selbst.

Im vergangenen Jahr hatte der damalige Kardinal Joseph Ratzinger die Meditationen geschrieben. Damals konnte Papst Johannes Paul II., schon von seiner schweren Krankheit gezeichnet, erstmals nicht mehr persönlich die Osterfeierlichkeiten leiten.

Insgesamt wurde der Kreuzweg in 42 Ländern live im Fernsehen übertragen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Am Samstag wollte der Papst vor Tausenden Gläubigen die nächtliche Osterwache im Petersdom halten. Im Verlauf der Messe wird in der Vorhalle das Osterlicht als Symbol für die Auferstehung Jesu von den Toten entzündet und in den Petersdom gebracht.

Am Sonntag gehen die Osterfeierlichkeiten im Vatikan mit der feierlichen Ostermesse zu Ende. Der deutsche Papst, der an diesem Tag 79 Jahre alt wird, spricht dabei den traditionellen Segen «Urbi et Orbi (Der Stadt und dem Erdkreis). (tso/dpa)

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