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Posträuber Biggs: Großbritanniens Großganove darf auf Gnade hoffen

Er gehört zu den bekanntesten Verbrechern der vergangenen Jahrzehnte: Räuber Ronnie Biggs. 46 Jahre nach seinem Postzugraub könnte er nun wieder freikommen – er ist schwer krank.

London - Einst war er der meistgesuchte Verbrecher Großbritanniens und eine lebende Ganoven-Legende. Heute ist der Postzugräuber Ronnie Biggs ein alter Mann mit eingefallenem Gesicht, kahlem Kopf und gezeichnet von mehreren Schlaganfällen. Und noch immer sitzt der 79-Jährige im Gefängnis, für eine Tat von 1963, die als der „Große Postzugraub“ in die Geschichte einging.

Biggs war seither die meiste Zeit auf der Flucht. 2001 stellte er sich dann, schon schwer krank, den Behörden in England. Und bislang verhallten alle Rufe nach Begnadigung ungehört. Nun hofft Biggs auf den Segen eines Ausschusses, der am kommenden Donnerstag seine Haftaussetzung berät. Und die Zeichen stehen gut.

Biggs’ Sohn Michael kämpft schon lange um die Freilassung seines Vaters. „Wenn andere Menschen ein Recht auf Haftaussetzung haben, wieso sollte es bei meinem Vater anders sein? Er stellt für die Gesellschaft keine Gefahr mehr dar“, sagte der 34-Jährige, der genau so alt ist, wie sein Vater am Tag des spektakulären Überfalls war. Zusammen mit 14 anderen Räubern hatte Biggs 1963 den Königlichen Postzug auf der Fahrt von Glasgow nach London ausgeraubt. Die Gangster waren mit einer damals sagenhaften Beute von 2,6 Millionen Pfund entkommen, was nach heutigen Maßstäben umgerechnet rund 44,6 Millionen Euro wären. Doch die meisten Posträuber wurden bald gefasst und verurteilt. Biggs brach jedoch nach 15 Monaten mit Hilfe einer Strickleiter aus dem Gefängnis aus, ließ sich sein Gesicht operieren und flüchtete mit falschen Papieren nach Spanien, Australien und Brasilien.

Über 30 Jahre war er auf der Flucht und gewann über die Zeit hinweg gar Kultstatus. Von Kult ist heute nicht mehr die Rede. Eher von Mitleid für einen kranken Mann, der im Gefängnis von Norwich seine 30-jährige Haftstrafe absitzt. Er hat mehrere Schlaganfälle erlitten, schon öfter musste er vom Gefängnis ins Krankenhaus verlegt werden, etwa weil eine Lungenentzündung zu schwer wurde. Schon seit Jahren diskutiert Großbritannien über eine Strafaussetzung, weil er so schwer krank ist. Nun mehren sich die Hinweise, dass Biggs tatsächlich bald das Gefängnis verlassen kann. Trotz seiner Beteiligung an dem bis dahin beispiellosen Verbrechen ist die Sitzung des Bewährungsausschusses am kommenden Donnerstag wohl nur eine Formsache. Allerdings warnte ein Sprecher des Ausschusses am Wochenende Biggs- Freunde vor voreiligen Hoffnungen. Der Ausschuss werde lediglich eine Empfehlung abgeben, das letzte Wort habe Justizminister Jack Shaw.

„Wir sind zuversichtlich, dass er freikommt, aber ich will den Tag nicht vor dem Abend loben“, sagt Sohn Michael. Biggs’ Sohn hatte betont, seinen Vater nach dessen Freilassung in einem Pflegeheim unterbringen zu wollen. „Die Öffentlichkeit wird wohl erschrocken sein, wenn sie sieht, in welchem Zustand sich mein Vater befindet. Ich glaube, die Leute erwarten niemanden, der so gebrechlich und alt ist“, sagte er vor zwei Monaten. Nun zählt er darauf, dass sein Vater am 3. Juli freikommt. Dann könnten beide den 80. Geburtstag gemeinsam feiern. Biggs’ Ehrentag ist der 8. August – der 46. Jahrestag des Zugraubs. dpa

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