zum Hauptinhalt

Prinzessin des Gehwegs: Pariser Obdachlose besaß 40.000 Euro in bar

Die Obdachlose, die mit Koffern und Tüten auf dem Gehweg hauste, galt manchen Bewohnern des bürgerlichen 15. Arrondissements in Paris als ein Schandfleck ihres Viertels. Dabei ahnte kaum einer, dass die alte Frau in ihrem Sammelsurium fast 40.000 Euro Bargeld versteckt hatte.

Die Obdachlose, die mit Koffern und Tüten auf dem Gehweg hauste, galt manchen Bewohnern des bürgerlichen 15. Arrondissements in Paris als ein Schandfleck ihres Viertels. Dabei ahnte kaum einer, dass die alte Frau in ihrem Sammelsurium fast 40.000 Euro Bargeld versteckt hatte. Die Obdachlosen-Einheit der Polizei hatte so etwas noch nie gesehen. "Bündelweise Geldscheine waren in Papiertaschentücher eingepackt und unter Bergen von Abfällen verborgen, die Münzen bewahrte sie in Tüten und Plastikflaschen auf", berichtete Polizeichef Michel Dorin der Zeitung "Le Parisien". Die alte Frau habe jede Auskunft verweigert, woher sie das Geld habe.

Denise, wie die Obdachlose in den französischen Medien genannt wird, stammt aus einem Dorf in der Bretagne. Einwohner aus Fouesnant erinnern sich, dass sie schon früher mit einer Handkarre voller Weinflaschen durch den Ort gezogen ist und oft betrunken war. "Eines Tages ist sie nach Paris gefahren, wir haben sie nie wiedergesehen", erzählte ein Einwohner. "Ich war froh, sie nicht mehr zu sehen, es war so ein trauriger Anblick."

Sie bettelte nicht

In Paris arbeitete Denise als Prostituierte. Möglicherweise hat sie damals schon begonnen, ihre Reichtümer anzuhäufen. In den vergangenen Jahren richtete sie sich mit ihren Koffern, Tüten und alten Zeitungen in der Nähe des Bahnhofs Montparnasse in einem Arkadengang ein. Sie bettelte nicht, und sie ließ niemanden an sich heran. "Sie akzeptierte nicht einmal eine heiße Schokolade", sagte ein Cafébesitzer aus dem Viertel.

Der Bürgermeister des Arrondissements versuchte vergeblich, sie von der Straße zu holen. Denise empfand alle Hilfsangebote als Angriffe auf ihre Unabhängigkeit und verteidigte ihre zwei, drei Quadratmeter Gehweg. Nachbarn nannten sie "die Prinzessin", weil sie meist stark geschminkt war. Sie gewöhnten sich an den Anblick der alten Frau - eine von schätzungsweise 8000 Obdachlosen in der Hauptstadt, die früher Clochards hießen und heute bürokratisch SDF genannt werden, eine Abkürzung von "sans domicile fixe", also "ohne festen Wohnsitz".

Geld als Gefahr

In der vergangenen Woche entdeckte die Polizei zufällig die Reichtümer der 65 Jahre alten Bretonin. Denise wurde in ein Obdachlosenheim gebracht. Dort sitzt sie nun in einem Rollstuhl, starrt vor sich hin und fragt immer wieder, wo denn ihre Koffer geblieben seien. Die Polizei kündigte an, dass ihr Geld in Sicherheit gebracht werden solle.

Es wird nicht einfach sein, Denise dauerhaft von der Straße zu holen, meint Sozialarbeiter Jacques Deroo. Sie werde es schwer haben, sich in ihrem Alter an ein neues Leben zu gewöhnen. Aber sie könne auch nicht mehr zurück auf den Gehsteig. "Auf der Straße wäre sie in Gefahr, weil ihre Geschichte bekannt geworden ist", sagt Deroo. "Jahrelang hat sich niemand um sie gekümmert, jetzt interessieren sich plötzlich alle für ihr Geld." (mit dpa)

Ulrike Koltermann[dpa]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false