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Marco sitzt wieder auf der Anklagebank

© dpa

Prozess: Anwalt fordert Höchststrafe für Marco W.

Im Verfahren gegen den deutschen Schüler Marco W. (17) will der Anwalt der britischen Schülerin Charlotte (13) die Höchststrafe für Vergewaltigung fordern. Sie soll 15 Jahre betragen, bei Minderjährigen aber maximal zehn Jahre. Muss der 17-Jährige Weihnachten im türkischen Gefängnis verbringen?

Charlottes Rechtsanwalt Ömer Aycan widersprach einem deutschen Pressebericht, wonach er mit einem Urteil schon an diesem Freitag rechne. Er erwarte, dass der Prozess auf Januar vertagt werde, damit die Verteidigung auf die nun vorliegende schriftliche Aussage des Mädchens reagieren könne.

Aycan sieht den 17-jährigen Marco durch die Aussage seiner Mandantin schwer belastet. Der Jugendliche aus Niedersachsen sitzt seit mehr als sieben Monaten in einem türkischen Gefängnis. Ihm wird vorgeworfen, die 13-jährige Britin in den Osterferien in der Türkei sexuell missbraucht zu haben. Marco selbst bestreitet die Vorwürfe: Es sei im Einvernehmen mit der 13-Jährigen zu Zärtlichkeiten in deren Hotelzimmer gekommen. Sie habe sich zudem als älter ausgegeben. Marcos Anwälte hatten bereits mehrere Haftbeschwerden sowie einen Befangenheitsantrag eingereicht, die das Gericht in Antalya jedoch abgelehnt hatte.

Weihnachten im Gefängnis?

Der Prozess wird morgen im türkischen Antalya fortgesetzt. Inzwischen sei neben der Aussage seiner Mandantin auch ein Gutachten über ihre psychische Verfassung eingetroffen. Bis zur Verhandlung solle beides ins Türkische übersetzt sein. Marco W. ist bereits seit acht Monaten in der Türkei inhaftiert. Der Verhandlungstag soll die Entscheidung bringen, ob Marco wenigstens Weihnachten im Kreise seiner Familie verbringen darf.

Damit der Jugendliche mit den Eltern in einem Hotel in Antalya feiern kann, wollen seine Verteidiger erneut die Haftverschonung gegen Kaution beantragen. "Man hat versucht, das Gericht für die Bedeutung des Festes bei uns zu sensibilisieren", sagte Marcos Anwalt Michael Nagel. "Weihnachten ist für die Türken ohne Bedeutung." Ob die Richter den Zusammenhang zwischen dem Familienfest und einem psychisch belasteten Jugendlichen berücksichtigen, bleibt abzuwarten.

Schuld oder Unschuld?

Den Strafvollzugsexperten Prof. Bernd Maelicke von der Universität Lüneburg wundert es, dass Marco nicht längst gegen Kaution, Auflagen und Abgabe des Passes auf freien Fuß gesetzt wurde. "Flucht- und Verdunkelungsgefahr ist kaum gegeben, die Schwere des Tatvorwurfs kann man mit der Höhe der Kaution berücksichtigen", sagt Maelicke. Bei einem von der Polizei überwachten Hausarrest in einem Hotel blieben die Interessen aller Seiten gewahrt. Nach Maelickes Ansicht zählt jeder Tag, den Marco nicht im Gefängnis verbringt: "Da entstehen Schäden, die holt der nie wieder auf."

Neben der Klärung der Haftsituation könnte es morgen endlich auch um Fragen von Schuld oder Unschuld gehen, da dem Gericht Charlottes offizielle Aussage nun vorliegt. "Nach meinen Informationen sind die Unterlagen komplett", sagt Anwalt Nagel. Dass die Gegenseite bereits den Vorwurf der versuchten Vergewaltigung aus der Aussage publik gemacht hat, schreckt die Verteidigung nicht. "Die Situation ist besser, als wenn keine Unterlagen vorliegen würden", erklärt Nagel. Die Verteidiger hatten bereits angekündigt, Charlottes Glaubwürdigkeit infrage stellen zu wollen. (ck/dpa)

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