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Prozess in Afghanistan: Empörung über drohendes Todesurteil gegen Ex-Muslim

Die drohende Todesstrafe gegen einen zum Christentum übergetretenen muslimischen Afghanen sorgt für wachsende Empörung. Die Bundesregierung rief die afghanische Führung zur Achtung der Religionsfreiheit auf.

Berlin/Kabul - Sprecher von Parteien verlangten die Einstellung der deutschen Hilfe für das Land für den Fall, dass es zu einer Hinrichtung kommt. Auch die US-Regierung kritisierte den Prozess gegen den 40-Jährigen Abdul Rahman, der neun Jahre in Deutschland gelebt hatte.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verfolgt den Fall «mit großer Sorge». Er werde sich - falls nötig - auch persönlich einschalten, sagte er der «Frankfurter Rundschau» (Mittwoch). Steinmeier erinnerte daran, dass in der afghanischen Verfassung und in der von dem Land unterzeichneten Menschenrechtskonvention die freie Glaubensausübung garantiert sei.

Nach Angaben von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) wird die Bundesregierung direkt beim afghanischen Präsidenten Hamid Karsai intervenieren. Man werde alles tun, um das Leben des Ex-Muslims zu retten, sagte sie der «Bild»- Zeitung (Mittwoch). Verteidigungs-Staatssekretär Friedbert Pflüger (CDU) nannte das Verfahren «unerträglich». Deutsche Soldaten seien nicht deshalb in dem Land stationiert, «damit dort Todesurteile aus religiösen Gründen gefällt werden», sagte er dem Blatt.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz sprach von einem «alarmierenden Signal». Ihr Vorsitzender, Kardinal Karl Lehmann, appellierte an die Führung in Kabul, «die Religionsfreiheit zu achten» und auf eine Verurteilung zu verzichten.

Die afghanische Regierung verwies auf die Zuständigkeit der Justiz. Man werde sich nicht einmischen, sagte Präsidentensprecher Khaliq Ahmad der dpa. Der zuständige Richter hatte am Vortag angekündigt, er habe nach afghanischem Recht keine andere Wahl, als den Glaubens-Abtrünnigen zum Tode zu verurteilen. Dieser habe sich geweigert, zum Islam zurückzukehren. Nach den strengen Regeln der Scharia wird dies als Verbrechen bewertet und mit dem Tod bestraft.

Rahman war im Februar festgenommen worden, weil seine Familie ihm Glaubenswechsel vorgeworfen hatte. Der Angeklagte war danach vor 16 Jahren zum Christentum übergetreten, als er für eine Hilfsorganisation in Pakistan arbeitete. Er kehrte aus Deutschland in seine Heimat zurück, um sich um das Sorgerecht für seine bei den Großeltern lebenden beiden Töchter zu bemühen. Im Streit darum wurde der Glaubenswechsel den Behörden bekannt und Rahman sofort verhaftet.

Der Fall könnte den vom Westen gestützten Präsidenten in Bedrängnis bringen. Fall der Angeklagte durch alle Instanzen zum Tode verurteilt wird, müsste Karsai selbst die Anordnung zur Hinrichtung unterzeichnen. Religiöse Fundamentalisten dürften darauf dringen, an Rahman ein Exempel zu statuieren. (tso/dpa)

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