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Prozess: Überfahrener Schüler - Polizisten lehnen Schuld ab

Der Prozess gegen zwei Lübecker Polizisten geht weiter: Sie sollen einen betrunkenen Schüler auf einer Landstraße ausgesetzt haben, worauf dieser von einem Auto überfahren wurde. Die beiden Angeklagten weisen jede Schuld von sich.

Polizisten erneut vor Gericht: In der Neuauflage des Prozesses um den Unfalltod eines Schülers vor fast sechs Jahren haben die zwei Angeklagten wieder jede Schuld zurückgewiesen. Beide Beamten hatten den jungen Mann laut Anklage frühmorgens am 1. Dezember 2002 in hilflosem und betrunkenem Zustand auf einer Landstraße bei Lübeck ausgesetzt. Der 18-Jährige wurde wenig später - im Dunkeln auf der Straße sitzend - überfahren. Er trug trotz Temperaturen von etwa vier Grad keine Jacke. Die Angeklagten hätten den Gymnasiasten "der Gefahr des Todes ausgesetzt und den Tod verursacht", sagte Staatsanwalt Achim Hackethal am Mittwoch vor dem Kieler Landgericht.

Zum Prozessauftakt betonten die 58 und 46 Jahre alten Beamten in persönlichen Erklärungen, sie hätten keine rechtliche Handhabe gesehen, den Jugendlichen gegen dessen Willen festzuhalten. Der Gymnasiast habe darauf bestanden, den Streifenwagen zu verlassen. Er habe einen ordentlichen Eindruck gemacht und sei "im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten gewesen", als sie ihn aussetzten. Die Beamten gaben auch an, sie hätten den 18-Jährigen an einer hell beleuchteten Kreuzung aussteigen lassen. 

Zeugen: Der Junge war völlig orientierungslos und betrunken

Der Gymnasiast hatte nach einem Disco-Besuch vor dem Haus eines älteren Ehepaars gelärmt. Die Eheleute hatten im ersten Verfahren geschildert, dass der junge Mann völlig orientierungslos, frierend und betrunken gewesen sei. Die Beamten verwiesen ihn des Platzes und nahmen ihn dann im Streifenwagen mit, um ihn nach Hause zu fahren. Dies habe der 18-Jährige aber aus Scham vor seinen Eltern und den Nachbarn abgelehnt, sagten die Angeklagten.

Im ersten Verfahren hatte das Lübecker Landgericht beide Beamten wegen fahrlässiger Tötung zu neun Monaten Bewährungsstrafe verurteilt. Eine Verurteilung wegen Aussetzung mit Todesfolge hatten die Richter abgelehnt. Sie hatten zugunsten der Polizisten angenommen, dass diese die hilflose Lage des jungen Mannes nicht erkannt hätten. Das Urteil hob der Bundesgerichtshof (BGH) auf Antrag der Eltern auf. Für Aussetzung mit Todesfolge sieht das Gesetz eine Strafe von mindestens einem Jahr vor. Bei einer Verurteilung von zwölf Monaten müssten die Polizisten aus dem Dienst entlassen werden. Sie würden zudem ihren Beamtenstatus verlieren.

Zu dem Verfahren war es überhaupt erst gekommen, nachdem die Eltern erfolgreich ein Klageerzwingungsverfahren beim Oberlandesgericht in Schleswig durchgesetzt hatten. Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Ermittlungen zweimal eingestellt. An diesem Donnerstag will das Gericht das ältere Ehepaar hören. Das Urteil wird noch im September erwartet. (kk/dpa)

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