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Fernreise: Safaripark in Südafrika

In einem Safaripark der Kap-Region können Besucher auf Elefanten reiten. Und verstehen die Angst der Riesen vor einer Maus.

Ihre Lieblingsspeise sind Zitrusfrüchte. Gemeinsam verdrücken die drei Elefantenbullen schon mal eine Tonne Orangen am Tag. Taba, Duma und Mukwa sind ein gutes Team. Auf gemeinsamen Ausflügen muss Duma allerdings immer in der Mitte gehen, damit sich seine beiden Kollegen nicht gegenseitig anpöbeln.

Die drei Elefanten waren Waisenkinder. Im Krüger Nationalpark, im Nordosten von Südafrika, mussten in den frühen 1990er Jahren wegen einer Elefantenüberbevölkerung Dutzende Tiere getötet werden. Die Kleinen verschonten die Wildhüter. Als Taba, Duma und Mukwa größer wurden, brachte man sie im Lastwagen in die Kap-Region, wo junge Elefanten gerade gebraucht wurden.

Die neue Heimat der drei Elefantenbullen liegt nördlich der Küstenstadt Port Elizabeth, hinter riesigen Orangenplantagen, in einer hügeligen Steppenlandschaft: im Elephant Back Safari Park. Sechs Elefantentrainer kümmern sich hier rund um die Uhr um die drei Tiere. Denn Taba, Duma und Mukwa sind mittlerweile eine Attraktion: Auf ihrem Rücken tragen sie abenteuerlustige Feriengäste durch das Buschland.

Die ersten Wochenend-Touristen sind eingetroffen. Vom Holzsteg des Camp-Restaurants aus beobachten sie, wie die Elefanten sich in einem Teich abkühlen, planschen, schwimmen – und mit dem Rüssel Wasser durch die Gegend spritzen. Densli, ein junger, zierlicher Elefantentrainer, führt die Urlauber in die Welt der grauen Giganten ein. Er stammt aus Simbabwe, wo das Elefantenreiten eine längere Tradition hat als in Südafrika.

„Viele Reitelefanten sind ständig im Stress“, sagt Densli. „Hier jedoch haben die Tiere viel Freizeit. Das ist wichtig, um neue Kraft zu schöpfen.“ Der Stundenplan ist dennoch streng: Bereits um halb sieben Uhr morgens beginnt das Training. Bald darauf kommen die ersten Feriengäste zum Reiten. Erst am Nachmittag ist Freizeit angesagt: baden, Futter suchen, Bäume entwurzeln – was Elefanten eben so für Hobbys haben. Gegen 18 Uhr finden sich Taba, Duma und Mukwa dann selbstständig in ihrer stallartigen Schlafhalle mit grünem Dach ein. „Sie sind halbzahm“, erklärt Densli.

Inzwischen sind die drei Elefantenbullen wieder aus dem Teich geklettert, und lassen ihre runzlige Haut von der Sonne trocknen. „Der mit den tiefen Stirnfalten ist Duma“, erklärt Densli. Mukwa hat einen abgebrochenen Stoßzahn. Auch was das Temperament betrifft, gibt es Unterschiede: Taba zum Beispiel, mit 20 Jahren der Älteste in der Gruppe, ist ein fröhlicher Zeitgenosse. Sein Name bedeutet in der lokalen Stammessprache Zulu „glücklich“. Duma – zu Deutsch „Donnergrollen“ – ist noch keine 18, spielt jedoch gern lautstark den Chef. Mukwa wiederum, ebenfalls gut 17 Jahre alt, wurde nach einem regionalen Urwaldgewächs benannt. „ ,Vielfraß‘ wäre allerdings treffender gewesen“, sagt Densli. „Für Futter tut er alles.“

Die grauen Riesen haben unglaubliche Kräfte: Ihre mehr als fünf Tonnen Gewicht können sie auf fast 50 Stundenkilometer beschleunigen. Seit der Gründung des Reitsafari-Parks im Jahr 2003 habe es aber noch keinen einzigen Reitunfall gegeben, betont Densli. Nur ein Mal habe ihn Mukwa bisher abgeworfen. Ausgerechnet als er mit dem Elefantenbullen Galopp übte. Plötzlich streckte eine Antilope ihren Kopf aus dem Unterholz, Mukwa erschrak, bockte in vollem Lauf – und Densli segelte kopfüber durch die Luft. Zum Glück blieb er unverletzt.

Erstaunlich, wie leichtfüßig die massigen Tiere auf seinen Befehl hin niederknien und wieder aufstehen. Zaghaft wagt sich ein Feriengast aus Berlin hinter dem Elefantentrainer auf Mukwas Rücken. Densli stupst den Elefanten mit seinem Holzstock sanft an, Mukwa erhebt sich und trottet gemächlich los. Als es bergab geht, beschleunigt er seine Schritte jedoch immer stärker, und der Spreeathener wird kräftig durchgeschüttelt wie auf einer Achterbahn. „Ruhig“, sagt Densli und lächelt ihm Mut zu. „Ganz ruhig! Ich kann ja dein Herz schlagen hören.“

Jetzt raunt er Mukwa ein paar Zauberworte zu – und prompt drosselt der Elefant sein Tempo. Zum Lenken benutzt Densli Mukwas Segelohren. Weich fühlen sie sich an. Und ihre Form ist bemerkenswert. „Wie Afrika auf der Landkarte“, sagt Densli. Mukwas faltige Haut ist fast drei Zentimeter dick, fährt er fort. Und sehr sensibel. „Ein Elefant spürt es sogar, wenn sich eine Fliege auf ihn setzt.“ Der Elefant beschleunigt seine Schritte erneut und tänzelt bald übermütig einen Hang hinab. Der Berliner krallt sich an den Elefantentrainer.

Erst als der große Graue in der Ebene wieder gemächlich vor sich hin trottet, kann Densli den Urlauber auf ein paar Impala-Antilopen aufmerksam machen, die auf einer Wiese grasen. Hier in der Gegend gibt es auch Kudus, Nashornvögel, Strauße, Zebras – und bald sollen Giraffen angesiedelt werden. Der Elefantenrücken-Safari-Park ist privat geführt, erklärt Densli. In staatlichen Naturschutzreservaten dürfen ausschließlich Tiere ausgewildert werden, die einst auf ihrem Gebiet heimisch waren. Bei privaten Parks hingegen sind die Richtlinien weniger streng. „Giraffen lebten hier noch nie“, sagt Densli. „Aber sie vertragen sich gut mit Elefanten.“

Durch sanftes Ziehen an den Ohren lässt er Mukwa anhalten: Futterpause. „Trunk up!“, ruft Densli, „Rüssel hoch!“ Das muss er dem Feinschmecker nicht zweimal sagen. Der Rüssel schnellt in die Höhe, und der Elefantentrainer lässt aus seiner Hand Kraftfutter-Pellets in die schmale Öffnung gleiten.

„Elefantenkinder fallen manchmal noch über ihren Rüssel“, erzählt er und streichelt Mukwa den Rücken. Doch nach nur sechs Monaten benutzen die Jungtiere das Organ mit seinen 80 000 Muskeln schon sehr geschickt. Mukwa wartet noch immer mit emporgerecktem Rüssel. Erst als Densli ihn sanft an der Stirn stupst – „Mehr gibt''s nicht!“ – schwingt der Elefantenbulle den Rüssel nach unten und schiebt sich die Belohnung in den Mund.

Mukwa hat sich wieder in Bewegung gesetzt und kommt langsam in Schwung. „Gleich da drüben ist unsere Rennstrecke“, sagt Densli übermütig und deutet mit seinem Stock zu einer lang gezogenen, topfebenen Wiese hinüber. Der Berliner wird blass. Doch der Simbabwer hatte nur gescherzt. „Es ist unser Landeplatz“, erklärt Densli lächelnd. Der Eigentümer des Camps fliege manchmal mit seinem Kleinflugzeug zu Kontrollbesuchen ein.

Am Ende des Ausflugs lobt Densli den Besucher aus Deutschland: „Gut gemacht!“„Manche klammern sich viel stärker an." Dabei sei das Elefantenreiten doch völlig ungefährlich, sagt er. „Unser ältester Teilnehmer war über 90.“

Beim Abendessen erzählt der Elefantentrainer Anekdoten aus seinem Arbeitsleben: „Taba, Duma und Mukwa sind manchmal ganz schön eigenwillig“, sagt er: Hin und wieder weigern sie sich zum Beispiel strikt, zu arbeiten. Vor einigen Monaten wollte das ein sturer Feriengast nicht akzeptieren. Mukwa fügte sich schließlich scheinbar, ging auf die Knie und ließ den Mann aufsteigen. Trotz aller Zurufe stand der Elefant jedoch nicht wieder auf. Schließlich lehnt er sich geschmeidig immer weiter zur Seite – bis der Tourist von seinem Rücken plumpste.

„Haben Elefanten wirklich Angst vor Mäusen?“, fragt ein Besucher. „Ja und nein“, sagt Densli. „ Elefanten haben sehr gute Ohren und einen hervorragenden Geruchssinn. Aber sie sehen schlecht.“ Zoologen hätten bei Experimenten nachgewiesen, dass Elefanten in der Tat häufig vor Mäusen zusammenzuckten. In Wirklichkeit handle es sich dabei aber um „Angst vor dem Unbekannten“: Die Dickhäuter hören die Maus auf dem Boden rascheln – können sie aber im Steppengras nicht sehen. Das macht sie nervös.

Solch kleine Schwächen machen die großen Grauen vielleicht noch liebenswerter. Manche Urlauber glauben gar, dass diese Tiere metaphysische Kräfte haben. „Neulich bewegte Duma beinahe zärtlich seinen Rüssel vor einer Touristin auf und ab“, erzählt Densli, „als wolle er ihren Bauch streicheln.“ Drei Wochen später rief die Frau aufgeregt im Park an. Sie sei endlich schwanger – und Duma müsse das bemerkt haben! Sie selbst habe von ihrem Glück hingegen gerade erst beim Arzt erfahren.

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