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Flugpreise: Die Krux mit dem Kerosin

Warum Airlines weiter Treibstoffzuschläge verlangen: Sie haben sich verzettelt, weil sie sich gegen immer weiter steigende Preise absichern wollten.

Was für Airlines und Reisende eigentlich eine gute Nachricht ist, bewirkt an vielen Stellen alles andere als eitel Freude. Gesunkene Kerosinpreise machen Fluggesellschaften schwer zu schaffen. Sie sind nämlich vielfach in einem komplizierten System gefangen, das „Fuel Hedging“ heißt, zu Deutsch Ölpreis-Sicherungsgeschäfte.

Der 11. Juli 2008 ist als schwarzer Tag in die Annalen der Luftfahrt eingegangen. Damals war der Ölpreis auf unfassbare 147 Dollar pro Barrel gestiegen. Machte Kerosin 2007 noch einen Anteil von etwa 18 Prozent an den Betriebskosten aus, so lag der Wert im vergangenen Jahr bereits bei 30 Prozent. Obwohl Flugzeuge immer sparsamer werden, braucht die Luftfahrt doch gewaltige Mengen an Treibstoff. Allein die Lufthansa-Gruppe verfliegt jedes Jahr mehr als acht Millionen Tonnen Kerosin, was etwa dem gesamten Ölbedarf Irlands entspricht. Entsprechend anfällig sind die Airlines gegenüber den erheblichen Preisschwankungen beim Rohölpreis.

In ihrer Panik, der Preis könne – wie damals befürchtet – auf 200 Dollar pro Barrel steigen, hatten sich viele Airlines im vergangenen Sommer vertraglich abgesichert, ihren Sprit weiter zu Preisen von 120 Dollar pro Barrel (wie zum Beispiel Austrian Airlines) oder gar 140 Dollar (wie angeblich Lot aus Polen) zu beziehen. Doch diese Verpflichtung gilt weiter, auch jetzt, da die tatsächlichen Preise um Welten unter den damals ausgehandelten liegen. Heute nämlich ist seit jenem Tag im Sommer 2008 der Preis um rund 70 Prozent gesunken und liegt bei etwa 44 Dollar pro Barrel, ein Liter Kerosin schlägt mit etwa 35 Cent zu Buche.

Derartige Fehlspekulationen haben für viele Firmen nun verheerende Auswirkungen. Allein den neun größten asiatischen Airlines entstanden dadurch nach Branchenangaben 2008 bereits Verluste von fast vier Milliarden Dollar. Durch diese langfristigen Preisbindungen erklärt sich auch, dass die branchen üblichen Kerosinzuschläge bis heute auf hohem Niveau verharren, auch wenn die aktuellen Preise stark verfallen sind.

So verlangt die Lufthansa weiter 21 Euro Zuschlag auf innerdeutschen und innereuropäischen Flügen und happige 82 Euro für Langstrecken, und zwar pro Streckenabschnitt. Air Berlin liegt mit 20 respektive 80 Euro nach einer Senkung Ende Januar gleichauf. Die Bereitschaft zur Senkung der Zuschläge ist jedoch wenig ausgeprägt. Am deutlichsten wurde kürzlich Swiss-Chef Christoph Franz, dessen Sprit ebenfalls von der Lufthansa abgesichert wird: „Unser Interesse … ist bei sinkender Nachfrage am Passagiermarkt gering, wir müssen allenfalls auf die Wettbewerbssituation reagieren“, erklärte Franz. Und stellte damit klar, dass die Zuschläge für die Airlines schlicht eine willkommene Aufbesserung ihrer zurückgehenden Erträge sind, Spritpreis hin oder her. „Das ist doch ehrlicher und bietet eine gewisse Nachvollziehbarkeit und Grundlage im Gegensatz etwa zu Ryanair, die stattdessen für die Schalternutzung Gebühren erhebt“, sagt Lufthansa-Sprecher Andreas Bartels. Der irische Billigflieger nämlich betont vehement, man werde niemals Treibstoff zuschläge erheben, dafür kassieren die Iren ihre Kunden mit Extrakosten an allen möglichen und unmöglichen anderen Stellen ab.

Andreas Spaeth

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