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Mecklenburg: Blütenmeer an sieben Seen

In Mecklenburgs Landeshauptstadt Schwerin beginnt die Bundesgartenschau 2009.

Beete werden geharkt, Stecklinge gegossen, die restaurierten Laternen am Schloss werden enthüllt. Schwerin ist startklar für die Buga. Wie die Natur! Die Bäume, Magnolien und manchenorts sogar Rotdorne schlagen aus. Von Tulpen, Narzissen und Anemonen ganz zu schweigen. Die Natur explodiert und macht sich frühjahrsschick. Dank des sensationell guten Wetters der vergangenen Wochen ist die Flora im Norden weit gediehen. Wenn Bundespräsident Horst Köhler am 23. April die Bundesgartenschau eröffnet, steht er vor blühenden Landschaften. Die Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns erwartet 1,8 Millionen Gartenbesucher. Bis zum 11. Oktober können sie einen Spaziergang durch die Geschichte der Gartenkunst und des Herzogshauses Mecklenburg-Schwerins unternehmen.

Es wird eine Bundesgartenschau der kurzen Wege werden, denn die Ausstellungsgelände liegen rund um das Schweriner Schloss, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Altstadt. Sieben Seen, sieben Gärten – so lautet das Buga-Motto. Stadtplaner, Architekten und Gartenbauer haben binnen zehn Jahren das wohl größte gartenpflegerische Projekt Deutschlands umgesetzt. Es zeigt die historische Entwicklung der Gartenbaukunst vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Im Mittelpunkt steht der Schlossgarten, der die herrschaftliche Pracht versinnbildlicht, die Künstler wie Jean Laurent Legeay und Peter Joseph Lenné im herzoglichen Auftrag anlegten. Im Rücken des Reiterstandbilds von Friedrich Franz II. sorgt der Kreuzkanal für eine barocke Grundstruktur mit klaren Sichtachsen, die das Schweriner Schloss in Szene setzen. Links und rechts des Kanals schaffen neu gesetzte Lindenreihen eine fast militärisch strenge Symmetrie und wirken doch wie ein „Lustwäldchen“, in das 14 Nymphen-Skulpturen, Kaskaden und Laubengänge integriert sind. Im Süden schließt sich die scheinbar unberührte Natur im Stile der englischen Landschaftsparks des 19. Jahrhunderts an.

Im Burggarten auf der Schlossinsel triumphieren Gestaltungsideale wie Grotte, Orangerie, Kolonnadenhof, schwülstige Bronzeplastiken und liebliche Engelsskulpturen über schlichte Blumenbeete. Ein herzoglicher Küchengarten spiegelt die Vorlieben vergangener Epochen für Gemüse, Obst und Kräuter wider. An der alten Backsteinmauer wächst noch ein 100 Jahre alter knorriger Weinstock, der vor einigen Jahren wiederbelebt wurde. An den erweiterten Burgsee grenzt der neu geschaffene „Garten des 21. Jahrhunderts“, der mit einer schwimmenden Wiese, Seerosen und einer Ruhetreppe in den See prunkt. Hier hat man einen großartigen Blick auf Schloss, Residenz und Altstadt. Die stadtseitigen Ufer des Schweriner Sees haben Promenaden erhalten, die einen geschlossenen Übergang vom See zur Stadt schaffen. Jetzt fehlt nur noch, dass die 8100 gepflanzten Beet-, Strauch-, Boden- und Edelrosen, 79 700 Frühjahrs- und 95 000 Sommerblumen nach und nach aufblühen.

Außer den Gärten und Parks muss jeder Besucher natürlich das Schloss ansehen. Einst wohnten hier mecklenburgische Herzöge, heute ist es Sitz des Landtags. Malerisch und ockergelb erhebt es sich am Ufer des Schweriner Sees, genauer gesagt auf der Burginsel. Ein beachtliches Baudenkmal, mit Märchenqualität, das im heutigen Gewand dem Baustil des Historismus zugeordnet wird. Es gehöre längst auf die Liste des Unesco-Welterbes, sagen Schweriner.

Brücken verbinden das Schloss mit der Altstadt und dem historischen Schlossgarten, der für 8,5 Millionen Euro soeben saniert wurde. Zwischen den Goldtürmen, Erkern und Balustraden hat der Stammvater der Herzöge von Mecklenburg Wendenfürst Niklot seinen Platz, der auf einem Pferd reitend die Ankömmlinge grüßt. Das Flair von Macht und kultureller Blüte des 19. Jahrhunderts hat noch jeden Zweifler besiegt, auch die in Rostock, der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns, die 1990 selbst gern Landeshauptstadt geworden wäre. In den klassizistischen Kollegiengebäuden, die zu Adolph Demmlers Meisterwerken zählen, arbeiten heute Staatskanzlei und Ministerien. Das Alte Palais, einst großherzoglicher Witwensitz, dient der Verwaltung.

Gleich nebenan bringt das neobarocke Mecklenburgische Staatstheater mit geringen Mitteln jeden Tag kleine Wunder auf die Bühne. Im Schulterschluss folgt das palastartige Staatliche Museum, dessen Sammlung holländischer und flämischer Maler hohes Ansehen genießt. Am Markt wird der Dom restauriert, der zu den klassischen Beispielen der Norddeutschen Backsteingotik zählt. Vom 120 Meter hohen Turm hat man den besten Ausblick auf die 1160 von Heinrich dem Löwen gegründete Stadt, die Seen- und Gartenlandschaft. Eine besseren Ort hätten sich weder Fürst noch Blumenfreund kaum wünschen können.

Beate Schümann

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