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Bad Kleinkirchheim

© Mauritius

Wellness: Ein Kraut für alle Fälle

In Bad Kleinkirchheim bietet man Wellness mit Alpenkraft. Nur hier in den Kärntner Nockbergen wächst die Speikpflanze - schon die Römer nutzten ihre wohltuende Wirkung.

Das sind keine schroffen Felsen oder gezackten Gipfel, die steil in den Himmel ragen. Nein, der Nationalpark Nockberge in Kärnten besteht aus Nocken – sanften, runden Bergkuppen, die von grünen Matten überwachsen und so hübsch rund sind, als hätten vorzeitliche Riesen einen Buckel gemacht und wären zu Bergen erstarrt. Dabei bringen es die Buckelberge auf stattliche Zweitausender wie den Wöllaner Nock oder den 2440 Meter hohen Rosennock.      Die sind nicht nur schön anzusehen, wenn sich der morgendliche Nebel über den Zirben- und Lärchenwäldern lichtet und die Herbstsonne die Nocken vergoldet. Sie sind auch Heimat von Valeriana celtica, der Speikpflanze. Seit der Antike wird das unscheinbare Baldriangewächs mit seinen weiß-rosa oder lila Blüten und dem betörenden, herb-frischen Duft als Parfum und Heilmittel gegen Krämpfe und zahlreiche andere Leiden eingesetzt.

Im Jahre 1936 wurde es unter Naturschutz gestellt. Seitdem ist der Nationalpark Nockberge das weltweit einzige Reservat, in dem zwei Bauern es in begrenztem Umfang ernten dürfen. Im Walter Rau Speickwerk in Stuttgart werden dann Produkte wie Seifen, Öle oder Badezusätze daraus gemacht. Die Naturwaren des 1928 gegründeten Unternehmens sind in Folge des derzeitigen Biobooms wieder in Mode gekommen.

Natürlich kann man sie auch im Handel kaufen und zu Hause anwenden. Doch erst in der Heimat der Speikpflanze lässt sich erleben, welch wohltuende Wirkung sie entfalten kann. Rund um Bad Kleinkirchheim locken zum Beispiel Speik-Spaziergänge auf die Spuren des eher unscheinbaren Gewächses. Auch, wenn es nicht mehr in voller Blüte steht und seinen Duft verströmt, laden urige Almhütten zu Speik-Fußbädern ein. Ob Brentler-, Lärchen- oder St.-Oswalder-Hütte – bis Anfang November kann man nach einer kleineren Wanderung die Füße in zünftigen Holzwannen mit dem wohlig warmen Badewasser baumeln lassen.

Dass das Kraut auch gegen tiefer sitzende Verspannungen, Gelenkentzündungen und Nervosität gewachsen ist, lässt sich wiederum in einem der vielen Wellnessbetriebe von Bad Kleinkirchheim erleben. Vor allem im auf alpine Wellness spezialisierten Kirchheimer Hof, wo Massagen mit Speik-Öl, Zuckerspeik-Peelings und Speikbäder in der Whirlwanne angeboten werden. Besonders innovativ sind die Kräuterstempelbehandlungen. Dabei wird der Körper zunächst mit Ölen aufgewärmt und anschließend mit einem kissenartigen Stempel voller Speik- und Kräuterextrakte massiert.

Natürlich „speikt es“ auch im Römerbad, das in Kürze (am 26. Oktober) nach seinem Totalumbau wieder öffnet. Wobei hier das Thermalwasser die Hauptrolle spielt. Mit seinem leichten Radongehalt soll es Kreislauf und Immunsystem stärken und außerdem Infektionskrankheiten lindern.

Einer der Ersten, die das am eigenen Leib erfahren haben, war Pfalzgraf Otto. Als er 1050 auf der Flucht an einer Quelle in Bad Kleinkirchheim seinen Durst stillte, soll das Wasser schlagartig seine Schmerzen gelindert haben. Später pilgerten die Arbeiterinnen mittelalterlicher Räucherstuben zur sogenannten Augenquelle im Ortsteil Bach, weil sie sich vom Wasser die Wiederherstellung ihrer Sehkraft versprachen. Nachdem es so manches Wunder gewirkt hat, wurde bereits 1492 über der Heilquelle das hübsche gotische Kirchlein St. Kathrein errichtet, das Wallfahrtsziel vieler Menschen mit Augenleiden wurde. Seit 1935 darf sich Kleinkirchheim auch „Bad“ nennen, seit 1977 ist es staatlich anerkanntes Thermalbad.

Inzwischen sprudelt das etwa 32 Grad warme Heilwasser gleich in zwei Thermen an der Durchgangsstraße am Ort – in der auf Entspannung und medizinische Wellness ausgerichteten Therme St. Kathrein und im Römerbad, das vor einigen Jahren als eines der ersten Erlebnisbäder Österreichs dazukam und sich jetzt zu einem der modernsten alpinen Wellnesstempel gemausert hat.

Dafür hat das renommierte Stuttgarter Architektenbüro Behnisch und Partner ein Konzept entwickelt, das sich thematisch noch stärker an den Römern orientiert, die ja nicht nur die Speikpflanze als Salböl, sondern auch Thermalwasser zu schätzen wussten. Drei Ebenen – Romanum, Noricum und Maximum – huldigen nun mit Natursteinböden und regionalen Hölzern, einem Atrium mit Trinkbrunnen, Thermalbecken und einem Amphitheater, wo Aufgüsse zelebriert werden, dem antiken Badekult.

Ergänzt werden sie durch mehrere Saunalandschaften, auch in Form von römischen Gefäßen, Kneipp-Pfad und Schneeduschen sowie dem obligatorischen Kinder-Erlebnisbereich mit Rutschen, Farbleuchten, Schiffchenkanal und Wasserigel. Familien, so das Konzept, soll es hier nicht langweilig werden.

So spektakulär die frisch umgebaute Badelandschaft sein mag, das Spektakulärste an ihr ist der Blick vom Innen- und Außen-Liegebereich in die Berge, die mit der ganzen Erhabenheit ihrer jahrtausendealten Existenz auf die neumodischen Spa-Hypes herabschauen. Dass ohne sie gar keine alpine Wellness denkbar wäre, daran will Olympiasieger und Skilegende Franz Klammer erinnern, wenn er anlässlich der Wiedereröffnung des Römerbads am 26. Oktober zum Weltcup-Wandertag einlädt. Über die herbstlichen Wiesen wird er Wanderfans am Nationalparkriegel und dem Klammer Stich vorbei auf die Weltcup-Strecke des Orts führen.

Im Januar will er dort – wie immer um diese Jahreszeit – wieder mit Skiern hinunterwedeln. Bevor Bad Kleinkirchheim in die weiße Saison startet, soll den Gästen an diesem Wochenende unter dem Motto G’lustern (was im Kärntner Dialekt so viel wie „Gelüste“ heißt) so richtig Lust auf die Nockberge gemacht werden. Wer weiß, wer bei Wanderungen, Thermalbädern, Speikmassagen und kulinarischen Genüssen auf den Geschmack der Buckelberge gekommen ist, kommt vielleicht bald wieder, um über die verschneiten Buckelpisten zu flitzen!   

Marlies Gilsa

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