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Panorama: Rettung aus dem Ruhestand

Bill Clinton jettet für seine Stiftung um die Welt – um sie zu verbessern und Menschen zu helfen

Die Pressemitteilungen klingen, als würden sie immer noch direkt aus dem Weißen Haus stammen. Da findet sich etwa ein Statement zum Tode des Kosovopräsidenten Ibrahim Rugova. Oder eine Note zum Martin-Luther-King-Gedächtnistag. Schließlich ein Kommentar für die „International Herald Tribune“: Ein Jahr nach dem Tsunami im Indischen Ozean. Doch der Mann, der der Welt noch so viel zu sagen hat, ist längst nicht mehr im Amt.

Nach acht Jahren als Präsident der USA gab Bill Clinton bekanntlich den Stab an George W. Bush weiter – für ihn selbst der Start in den Unruhestand.

Wenige Monate später gründete er die „Clinton Foundation“, eine gemeinnützige Stiftung, deren Programm sich liest wie die Tagesordnung der Vereinten Nationen. Vier zentrale Missionen habe die Unternehmung mit ihrem Hauptsitz im New Yorker Viertel Harlem, heißt es auf ihrer Internetseite: Eine sichere Gesundheitsversorgung, die Unterstützung wirtschaftlicher Selbstständigkeit, die Entwicklung von Führungskraft und Dienst am Gemeinwesen sowie rassische, ethische und religiöse Aussöhnung.

Große Worte, die ziemlich hohl sein könnten, würde Clinton sie nicht so ernst nehmen. Gerade vor wenigen Tagen war er wieder im amerikanischen Fernsehen zu sehen, wie er versuchte, der Welt Gutes zu tun. Der Ex-Präsident reiste in die hintersten Ecken Chinas, um für das Anti-Aids-Programm seiner Stiftung zu werben. Im September vergangenen Jahres verkündete die Foundation, dass sie HIV-positiven chinesischen Kindern eine kostenlose Behandlung zukommen lassen werde. 200 sind es bislang, 10 000 sollen es in nächster Zeit werden. Clinton nutzt seine Popularität auch, um Ängste und Vorurteile abzubauen. Vor chinesischen Kameras umarmte er eine aidskranke Frau – eine von der Gesellschaft Ausgestoßene.

„Es gibt mehr als 40 Millionen Menschen, die HIV-positiv sind. Das scheint für mich ein Problem zu sein, das nach einer Organisation und ein bisschen unternehmerischem Talent schreit“, sagt Clinton dem CBS-Reporter, „mit relativ wenig Geld können wir einen großen Unterschied machen.“ Er sieht müde aus und ein bisschen grau – die vielen Stationen in wenigen Tagen verlangen ihren Tribut. Doch Clinton ist nicht gewillt, auf die Bremse zu treten. Es gilt in Washington und New York als offenes Geheimnis, dass er am liebsten Chef der Vereinten Nationen würde. UN-Generalsekretär Kofi Annan tritt zwar Ende des Jahres turnusgemäß ab und Clinton ist in der Welt beliebt – Chancen auf dessen Nachfolge hat er dennoch keine: Das Amt wird im strengen geopolitischen Proporz vergeben, Weltmächte wie die USA müssen sich ganz hinten anstellen.

Also treibt Clinton seine Projekte voran. Vergangenen September lud er während des großen UN-Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschef in New York zu einer Parallelveranstaltung ein, der „Clinton Global Initiative“. Ob US-Außenministerin Condoleezza Rice, der britische Regierungschef Tony Blair, Medienzar Rupert Murdoch oder Wirtschaftskapitäne wie Jeffrey Immelt von General Electric und Charles Holliday von Dupont – niemand ließ sich zweimal bitten. Während der dreitägigen Gespräche verlangte Clinton seinen Gästen Geld ab, für Initiativen, die die wichtigsten Probleme der Welt lösen helfen sollen. Versprechen für 1,25 Milliarden Dollar kamen so zusammen. Der Charme und die Beziehungen des Ex-Präsidenten wirken nach wie vor.

Auch seine Stiftung vermeldete kürzlich einen Durchbruch: Acht große Pharmakonzerne werden auf ihr Drängen hin die Preise für Aidstests und Medikamente gegen die Krankheit in armen Ländern senken. In 50 Staaten in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa würden die Untersuchungen künftig zum Preis von 49 bis 65 US-Cent angeboten und damit nur noch halb so viel kosten wie bisher, verkündete Clinton. Die Aids-Medikamente Efavirenz und Abacavir sollten in diesen Ländern um 30 Prozent billiger werden. Er hofft, ähnliche Vereinbarungen für weitere Medikamente auszuhandeln.

Die Zufriedenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Wie hatte er doch einst über seinen Zwangsruhestand gescherzt? „Das Großartige daran ist, dass man sagen kann, was man will. Das Traurige, dass es niemanden mehr interessiert.“ Clinton arbeitet hart daran, das zu wiederlegen – und ganz nebenbei ein Stück Welt zu retten.

www.clintonfoundation.org

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