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Panorama: Schrille Töne um Ground Zero

In New York streiten Investor, Hafenbehörde und Stadt weiter um die Neubauten am World Trade Center – am 1. April ist Baubeginn

Seit eineinhalb Jahren liegt der dunkelgrüne Grundstein nun schon tief im Bauch des Ground Zero – und nichts passiert. Am 1. April sollen endlich die Bauarbeiten für den „Freedom Tower“ an jener Stelle in Lower Manhattan beginnen, an der bis zum 11. September 2001 die Zwillingstürme des World Trade Centers standen. Doch noch immer weiß niemand, wer der Bauherr sein wird, wer am Ende die Rechnung bezahlt und nach wessen Plänen die Arbeiter zu Werke gehen werden. In dieser Woche platzten die Verhandlungen um das prestigeträchtige Milliardenprojekt zwischen Stadt, Land, Hafenbehörde und Bauträger mit einem lauten Knall, Fortsetzung ungewiss.

„Reine Habgier“ warf der Verhandlungsführer der zuständigen Port Authority von New York und New Jersey, Charles Gargano, dem Baumagnaten Larry Silverstein öffentlich vor, nachdem der erbost den Verhandlungstisch verlassen hatte. Der New Yorker Gouverneur George Pataki beschimpfte den Mann, der sechs Wochen vor den Anschlägen einen 99 Jahre währenden Leasingvertrag unterschrieben hatte, mit kaum weniger drastischen Worten: „Er betrügt das Vertrauen der Öffentlichkeit und beschädigt das Ansehen der New Yorker.“ Wie meistens, wenn es so hoch her geht, dreht sich alles ums Geld: Die Versicherungen sprachen Silverstein für den Verlust der beiden Gebäude 2,9 Milliarden Dollar zu. Eine erkleckliche Summe, aber nicht genug, um den „Freedom Tower“ und vier weitere von Masterplaner Daniel Libeskind vorgesehene Büro- und Wohntürme zu finanzieren, fürchtet die Hafenbehörde.

Sie veranschlagt das Projekt auf rund sieben Milliarden Dollar und will unbedingt verhindern, dass an dem Ort, auf den die Welt schaut, in wenigen Jahren Bauruinen stehen. Deshalb schlug sie Silverstein vor, den „Freedom Tower“, der als der am wenigsten lukrative der Wolkenkratzer gilt, unter eigener Regie zu errichten. Ebenso wie einen Wohnturm an der Stelle, an der jetzt noch die Ruine des „Deutsche Bank“-Gebäudes steht.

Die Partien schienen sich am vergangegen Dienstag fast einig zu sein, da zog Silverstein in letzter Minute neue Forderungen aus der Tasche. Die hätten das Risiko komplett auf die Hafenbehörde abgewälzt und ihm Einsparungen von einer Milliarde Dollaer eingebracht – so zumindest behauptet Gargano.

Silverstein gibt dagegen den Unschuldigen: „Wir sind von allen Seiten der Regierung zu enormen Kompromissen gedrängt worden. Wir wollten einwilligen – einzig im Interesse, das World Trade Center wieder aufzubauen. Wir sind jederzeit zu neuen Verhandlungen bereit.“

Silverstein habe zu hoch gepokert, vermutete unterdessen die New Yorker Presse, wahrscheinlich auch, weil er auf die Nachgiebigkeit von Pataki setze. Der gilt als einer der republikanischen Bewerber für die Präsidentenwahlen 2008 und würde sich gerne aus seinem Gouverneursamt mit einem Erfolg bei der Wiederbelegung des Ground Zero verabschieden. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg kann unterdessen nur untätigt zusehen, wie die Parteien sich gegenseitig an die Gurgel gehen: Weil das Areal des World Trade Centers der Hafenbehörde gehört, in der die Bundesstaaten New York und New Jersey das Sagen haben, sind ihm die Hände gebunden.

In seiner wöchentlichen Radioansprache rief Bloomberg seinen Lieblingsgegner Silverstein trotzdem zur Vernunft auf: „Ich sage euch, der Deal, den Pataki Larry Silverstein angeboten hat, ist besser als das, was er von mir bekommen hätte.“ Er gab sich zuversichtlich, dass die Parteien sich trotz der jüngsten Querelen bald einigten. Noch bevor seine Sendung ausgestrahlt war, unterbreitete Silverstein tatsächlich ein neues Angebot. Auf dem Postwege – weil Pataki sich weigerte, mit ihm zu telefonieren. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Die Hafenbehörde signalisierte bereits, es sei „unakzeptabel“, sie werde es aber im Detail prüfen. Für neue Gespräche gibt es bislang keinen Termin.

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