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Meine Frau, ihr GARTEN…und ich: Lob des Regenwurms

Wir hatten mal einen Komposter.

Von Andreas Austilat

Das ist so eine Kiste, in die man seine Garten- oder auch Küchenabfälle hineingibt, und dann kommt unten fette schwarze Erde raus. Theoretisch wenigstens. Praktisch kamen unten im Wesentlichen die Garten- und Küchenabfälle heraus, die ich oben hineingetan hatte. Jedenfalls forderte mich meine Frau auf, den Komposter zu entsorgen.

Natürlich hatte ich einen Verdacht, woran es gelegen hatte. Ein Verdacht, der sich jetzt in unserem frühherbstlichen Kurzurlaub bestätigt hat, in dem ich nämlich ein gerade erschienenes Buch las, von Amy Stewart: „Der Regenwurm ist immer der Gärtner“. Meinem Komposter fehlte es eindeutig an Würmern.

Überhaupt scheint es so, als ob die menschliche Existenz ohne den Regenwurm kaum vorstellbar ist, der Wert des unscheinbaren Schlingels sich allenfalls in Honigbienen aufwiegen lässt. Die Neuseeländer haben sich mal die Mühe gemacht, den Nutzen des Wurms zu beziffern, der sein Werk ja ansonsten unbemerkt in bis zu drei Metern Tiefe verrichtet. Danach verzwanzigfachte sich der Wiesenertrag nach dem Impfen des Bodens mit Regenwürmern, die Schafherden verdoppelten sich, und am Ende kam gewaltig mehr Wolle raus! Alles nur, weil der Wurm Erde frisst, sie hinten viel schöner wieder ausscheidet und sie dabei auflockert wie ein kleiner Pflug.

Nestor der Wurmforschung ist übrigens der große Charles Darwin mit seinem Werk „Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit des Wurms“. Darwin fand Erstaunliches heraus, zum Beispiel, dass die Bauwerke alter Kulturen keineswegs nur vom Wind mit Sand zugeweht wurden, auf dass die Archäologen unserer Tage sie mühsam wieder ausgraben müssen. Nein, es war der Wurm, der sie mit seiner Buddelei langsam aber stetig versenkte, mit den kleinen Köttelhaufen, die er neben dem Ausgang seiner Wohnröhre aufhäufte und dabei auch zwischen den Ritzen von Mosaiken nicht Halt machte. Eine gesunde Wurmpopulation bewegt auf einem halben Hektar 20 Tonnen Erde im Jahr.

Doch wie das bei Darwin so ist, der Mann hatte nicht nur Fürsprecher, und allzu lange beschäftigte sich die Landwirtschaft vor allem mit der Frage, was sie auf die Pflanzen spritzen kann. Die Erde hat sie darüber vernachlässigt, wie Amy Stewart kritisiert. Manchem Tomatenzüchter galt sie gar schon als verzichtbar.

Was aber auch ein bisschen an der Forschung nach Charles Darwin lag. Die untersuchte statt des Nutzens lieber ausführlich die Frage, ob man einen Wurm teilen kann und was mit seinen zwei Hälften wird? Nun, dem längeren Rest wachsen offenbar die fehlenden Segmente nach, egal ob Kopf oder Schwanz. Aus einem Fifty-Fifty-Wurm werden dabei aber keine zwei. Was seine Leistung nicht schmälert. Mir wächst ja nicht einfach ein Finger nach, sollte ich den mal in die Heckenschere halten.

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