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Panorama: Spione küsst man doch

Franka Potente hat in den USA einen neuen Film mit Matt Damon gedreht: den Thriller „The Bourne Identity“

Von Jan Schulz-Ojala

Matt Damon kann von Glück sagen. Fünf Jahre lang, seit „Good Will Hunting“, hatte er in Hollywood keinen Top-Hit mehr gelandet, den man vor allem mit seinem n verband, und nun das. Doug Limans „The Bourne Identity“, ein guter alter CIA-Spionagethriller mit guten alten Autoverfolgungsjagden und Kämpfen Mann gegen Mann, hat in einem knappen Vierteljahr in den USA 120 Millionen Dollar eingespielt. Damon gibt darin Jason Bourne, einen selbstmörderisch sensiblen Killer im Staatsdienst, der nach einem missglückten Auftrag den ganzen Film über von den eigenen Leuten gejagt wird. Aber schon nach einer Viertelstunde wissen wir: So ganz Schlimmes kann ihm in diesem seltsamen Europa, durch das er hetzt, von Sizilien über die Schweiz und Frankreich bis nach Santorin, nicht passieren. Denn er hat Franka Potente getroffen.

Dabei macht das „german fräulein“, als das Franka Potente nun überall in Amerika gefeiert wird, in „The Bourne Identity“ gar nichts Besonderes. Die sympathische deutsche Globetrotterin Marie Kreutz rettet nur den jungen Mann, der zu allem Überfluss auch noch sein Gedächtnis verloren hat, indem sie ihn in ihrem ramponierten roten Mini mal eben von Zürich nach Paris kutschiert – und hält sich fortan an seiner Seite. Sie ist in diesem Film eine Art Zufallsbekannte für Matt Damon, die den eben 31-jährigen und doch schon ein bisschen angejahrten Star ansonsten wie zufällig wieder bekannt macht – und, nebenbei, sich selbst auch.

So zufällig ist, sieht man nur genau hin, sie selber berühmt geworden, die Glücksbringerin erst für deutsche Regisseure, dann für den deutschen Film, inzwischen für amerikanische Schauspieler und vielleicht eines Tages auch für Amerika. Ganz anders als die ätherisch divenhafte Marlene Dietrich, mit der man sie nun allenthalben vergleicht, sondern immer schön westfälisch auf dem Teppich bleibend. Und sei’s der rote Teppich. Und sei’s auch immer höher hinaus. Und tatsächlich: Von Anfang an ist es mit diesem Goldkind des Kinos planmäßig immer höher hinausgegangen.

Erst hat sie dem Regisseur Hans-Christian Schmid Glück gebracht. Vor sechs Jahren, eine kleine Ewigkeit in einem jungen Schauspielerleben, brachte ihm – und ihr - der kleine Fernsehfilm „Nach fünf im Urwald“ den Durchbruch. Und weil das Werk bei den Hofer Filmtagen einen so rauschenden Erfolg feierte, wanderte es gleich ins Kino und begeisterte dort eine halbe Million Zuschauer. Zwei Jahre später folgte, ein paar Fingerübungen beiseite gelassen, „Lola rennt“, der Durchbruch zum deutschen – und bald auch amerikanischen – Star. Sieben Millionen Dollar sollte „Run Lola Run“ in den USA einspielen: für amerikanische Produktionen Peanuts, für einen billigen deutschen Film mit No-Names aber eine Sensation. Und die amerikanischen Kids schwärmten so heftig von dem Feuerrotschopf, der da gleich dreimal durch diesen kurzen Film ü¸ber das Lieben raste, dass die erste Hollywood-Rolle nur noch eine Frage der Zeit sein konnte.

Auch privat stellte „Lola rennt“ für Franka Potente alles auf Neuanfang. Tom Tykwer hatte sie und sich plötzlich weltberühmt gemacht. Über Nacht war das Paar das Doppel-Darling der deutschen Kino-Szene. Jeder gönnte den beiden das berufliche und private Glück. Und für manche, die diese Harmonie über das „Schneller lieben“-Prinzip besonders unter Filmleuten hinwegtröstete, stürzte eine kleine Welt zusammen, als die Beziehung im vergangenen Frühjahr auseinanderbrach.

Der neue Lover hieß Elijah Wood – ausgerechnet das gerade mal 21-jährige Milchgesicht aus „Der Herr der Ringe“! So tönte der kollektive Klagegesang. Zu Franka Potentes unangestrengt zielgerichteter Lebenswanderschaft aber passt der Junge schon: gerade so, als hätte sie Nähe gesucht zu jemandem, der ihre Eroberung Amerikas noch einmal unschuldig auf Null stellte. Johnny Depp, mit dem sie zuvor „Blow“ gedreht hatte, konnte das nicht sein.

Johnny Depp Superstar und Franka Potente: eine Geschichte fürs Gossip, reduziert auf die Frage der US-Klatschreporter, wie denn das Küssen für sie gewesen sei.

Matt Damon nun küsst sie auch, in „The Bourne Identity“, nach dem obligatorischen Jägermeister zum Warmwerden, ihrem Hausrezept für solche Fälle. Aber diesmal kontert Franka die Standardfrage schon auf ihre Weise: Man könne sich doch auch mal bei Matt Damon erkundigen, wie die dienstliche Knutscherei für ihn gewesen sei. Spätestens mit dieser heiteren Rückgabe ist Franka Potente wieder bei sich, bei der patenten Lehrerstochter aus Dülmen bei Münster, die allen Glamour zwar mitnimmt, wie es sich gehört, aber die locker gehaltene Wünschelrute Richtung Ruhm auch immer wieder souverän beiseite legen kann. Wichtiger noch: Mit dem frechen Konter ist die „deutsche Julia Roberts“ (ABC-News) wohl auch endgültig in Amerika angekommen.

Heißt das, dass Franka, der neue deutsche Weltstar, prompt an Amerika verloren ist? Im Gegenteil. Franka Potente wird nicht müde zu behaupten, dass der US-Erfolg nur ein „Sahnehäubchen“ und ihr Lebensmittelpunkt weiterhin in Deutschland sei. Offenbar auch künstlerisch: „Lola rennt“ sei sowieso besser als „The Bourne Identity“, vertraute sie letzte Woche offenherzig dem „Spiegel“ an. Aber die Wahrheit in einem jungen Leben liegt nicht hier oder dort, erst recht nicht in der Mitte, sondern vorn. So drehte sie gerade mit Regisseur Rolf Schübel („Gloomy Sunday“) in Deutschland und in Kanada „Blueprint“, sie spielt darin einen menschlichen Klon, und demnächst wird sie für den cineastischen Extremsportler Peter Greenaway in „The Tulse Looper Suitcases“ vor der Kamera stehen. Und dann ist da noch der Film, bei dem sie Elijah Wood kennenlernte: Jeffrey Porters College-Komödie „Try Seventeen“. Ob die Glücksbringerin Franka Potente dem kleinen Elijah darin Glück bringt – für die Rolle und fürs Leben? Wer wird denn so dumm fragen.

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