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Panorama: Star hinter Gittern

Popstar stellt sich, weist aber Vorwurf des Kindesmissbrauchs zurück – Sender nehmen Hits aus dem Programm

Von Friedemann Diederichs,

Los Angeles

In Santa Barbara warteten Dutzende von Kamerateams und Reportern auf seine Ankunft. Sie gesellten sich zu den zahlreichen Polizisten, die am Flughafen Position bezogen hatten. Dann kam der Erwartete in seinem Privatjet aus Las Vegas: Der erneut unter den Verdacht der sexuellen Belästigung von Kindern geratene Pop-Star Michael Jackson stellte sich in Kalifornien den Justizbehörden.

Der Sänger wurde gleich auf dem Flughafen von Santa Barbara festgenommen und in das Bezirksgefängnis transportiert. Dort traf er in Handschellen gefesselt ein. „Wir erwarten, dass er Kaution beantragen wird und seinen Pass abgibt“, sagte Sheriff Jim Anderson. Die gegen den 45-Jährigen vorgebrachten Vorwürfe könnten für ihn zu einer mehrjährigen Haftstrafe führen. Nach Auskunft der Polizei muss der Sänger nun seinen Reisepass abgeben und dann für die Behörden erreichbar sein. Zusätzlich würden seine Fingerabdrücke genommen und Fotos gemacht. Die Höhe der Kaution wurde laut Anderson auf umgerechnet 2,52 Millionen Euro festgesetzt.

„You are not alone“ – du bist nicht allein, sang Michael Jackson 1995 in einem seiner letzten Hits. Doch angesichts der neuen Vorwürfe wegen des angeblich mehrfachen Missbrauchs eines Zwölfjährigen, der nach Ietzten Informationen sogar mit Schlaftabletten und Rotwein gefügig gemacht worden sein soll, scheint die Karriere des selbst ernannten „König des Pop“ vor dem Aus zu stehen.

Während die Polizei noch auf Jackson wartete, nahm der Fernsehsender CBS eilends ein für die kommenden Woche geplantes Musik-„Special“ aus dem Programm. Auch kündigten die ersten Radiosender bereits an, falls sich die Vorwürfe erhärten würden, werde man Jackson nicht mehr spielen. Und auf den wichtigsten TV-Kanälen Amerikas halten bereits Rechtsexperten und Moderatoren das Heft fest in der Hand. Ihr wichtigstes Thema: Wie stehen die Chancen des Multimillionärs im nun unvermeidlichen Strafverfahren, das bereits als „Prozess des Jahrhunderts“ hochstilisiert wird und den Abstieg des Superstars zum verurteilten Sex-Verbrecher besiegeln könnte?

„Für ihn hat nun der Überlebenskampf begonnen“, analysierte ein CNN-Kommentator die Situation für Jackson, dessen Familie sich in Stellungnahmen hinter ihn gestellt hat und der über seine Vertreter angekündigt hat, die als „falsch und bösartig“ bezeichneten Vorwürfe mit allen Mitteln bekämpfen zu wollen. Ein Instrument dazu soll der neu verpflichtete kalifornische Rechtsanwalt Mark Geragos sein, der mehr Zeit in Fernsehstudios als in Gerichtssälen zu verbringen scheint und sich schon um die Schauspielerin Winona Ryder bemühte, als diese nach einem Einkaufsbummel in Los Angeles zu zahlen „vergaß“. Doch ob es Geragos gelingt, das Ruder für seinen prominenten Klienten herumzureißen, ist fraglich. Die Staatsanwaltschaft hat – anders als bei früheren Missbrauchs-Vorwürfen – diesmal ein „kooperatives Opfer". In Kalifornien ist kürzlich eigens ein Gesetz verabschiedet worden, das verhindern soll, dass Zeugen durch großzügige Zuwendungen plötzlich jedes Interesse an einer Aussage vor Gericht verlieren. Pikant hierbei ist, dass ausgerechnet Jackson den Anlass zu dem neuen Gesetz geliefert hatte.

Im Jahr 1993 war es ihm noch gelungen, durch eine private Vereinbarung und die Zahlung von 25 Millionen Dollar weitere Anstrengungen der Justiz zu verhindern. Allerdings sind pikante Details der ursprünglichen Aussagen im Internet nachzulesen. Die Webseite „Smoking Gun“ zitiert etwa die Auskünfte eines damals 13-Jährigen. Dass dies nicht gerade zur Rettung der schwer angeschlagenen Reputation Michael Jacksons beitragen wird, erschließt sich schnell. Denn in den Zitaten ist in aller Ausführlichkeit von Zungenküssen, oralem Sex und gegenseitiger Masturbation die Rede – und dem Versuch Jacksons, Bedenken des Heranwachsenden an den Schlafzimmer-Vorhängen zu zerstreuen: „Michael weinte, als ich Nein sagte, und erklärte mir, dass wir nichts Falsches tun.“ Und: „Er warf mir vor, ich würde ihn nicht so lieben wie seine anderen Freunde.“

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