zum Hauptinhalt

Streit um Dung: Kühe, die in Windeln machen

Die EU will das Düngen von Hängen mit zu starker Neigung verbieten. Doch was ist mit natürlich Kuhdung? In seiner Kolumne nimmt Helmut Schümann den Kuhmist sozusagen auf die Schippe.

Eine Kuh ist doch ein recht ambivalentes Wesen. Einerseits spendet sie Milch und – möglicherweise nicht ganz freiwillig – Rinderbraten und Rouladen sowie Kuhhäute, auf die nichts geht. Mithin ein nützliches Tierchen, das in bergigen Gegenden mit großen Glocken um den Hals für einen typischen und idyllischen Klang sorgt.

Andererseits rülpst uns die Kuh Methan in die Luft und sorgt auf diese Weise für ungehörige Umweltverschmutzung. Das macht sie im Übrigen nicht nur durchs Maul, sondern mit gleichen Folgen auch durch Flatulenzen. Oder sie hebt gleich den Schwanz und lässt das vorher zermalmte grüne Gras, nun ins Bräunliche verwandelt, auf den Boden platschen. Dort sieht es von der Form her aus wie unser sattsam bekanntes Fladenbrot. Man tut aber gut daran, beides nicht zu verwechseln.

Umweltschutz gegen Umweltschutz

Und um diese Kuhfladen wird es bald gewaltigen Ärger geben, ja, man könnte sagen, dass es sich dabei um einen richtigen Scheißärger handelt. Kuhmist benutzt der Bauer, seit es Bauern gibt, gerne und erfolgreich als Düngemittel. Sozusagen ein Perpetuum mobile: vorne reingefressen, hinten rausgelassen als Dung, der wieder für neues Wachstum sorgt, was dann wieder vorne reingefressen werden kann. Damit das flächendeckend geschieht, gab es früher auf den Almen Kuhfladenverteiler, die sogenannten Almputzer.

Heute gibt es in Brüssel die EU-Kommission, und die will das Düngen von Almwiesen mit einer Neigung von mehr als 15 Prozent verbieten. Weil an Hanglagen gesundheitsschädliches Nitrat zu schnell ins Grundwasser gelangen würde. Das war wahrscheinlich immer schon so, wir haben es nur nicht gewusst und jahrtausendelang gesundheitsschädigendes Wasser getrunken. Es ist also ein Kampf von grünem Bewusstsein gegen grünes Bewusstsein. Hier die artgerechte Tierhaltung auf Wiesen und Almen, dort der Umweltschutz. Es ist offen, wer den Kampf gewinnen wird.

Bauer Huber aus Gmund am Tegernsee hat aber schon mal vorgemacht, wie eine Lösung aussehen könnte: Er hat seiner Kuh Doris Windeln angelegt. Das war aber nicht sehr ernst gemeint, sondern sollte die Absurdität als Protest zeigen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Buntviecher auf Almen und Weiden mit Windeln voller Fladen einen fremdenverkehrsfördernden Anblick bieten, mögen sie ihr Geläut noch so lieblich schlenkern. Es dürfte wohl einen Streit geben, der auf keine Kuhhaut geht. Darauf kann Doris einen lassen.

Für den Tagesspiegel analysiert Kolumnist Helmut Schümann die großen und kleinen Probleme der Welt. In der vergangenen Woche wunderte er sich, dass die Amerikaner sich wundern, dass Red Bull keine Flügel verleiht und warnt vor der Machtübernahme durch das iPhone-6

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false