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Tote Corinna: Eilenburg trauert um die missbrauchte Neunjährige

Die Stadt Eilenburg bei Leipzig trauert – die neunjährige Corinna ist von einem Täter missbraucht und getötet worden.

„Gott warum?“, fragt jemand auf einem weißen Zettel, der an der verwitterten Tür des Hauses klebt, in dem Corinna wohnte. Seit Mittwochabend ist klar: Die Neunjährige ist tot. Am Donnerstag erklärte die Polizei, sie sei vorher einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen. Der unbekannte Täter warf die Leiche des Kindes in einem Sack in den Nebenarm des Flusses Mulde.

Die Polizei ermittelt wegen Mordes und Vergewaltigung. Viel wissen die Fahnder noch nicht. „Es gibt keinen ausdrücklichen Verdächtigen, keinen Beschuldigten“, sagt Kriminaldirektor Jürgen Georgie.

„Das war so ein liebes Mädchen. Höflich, zurückhaltend, hat immer gefragt, ob sie mitspielen darf“, erzählt eine junge Mutter aus der Nachbarschaft. Mit ihrer sechsjährigen Tochter ist die Frau zu dem Haus gekommen, in dem Corinna wohnte. Gemeinsam zünden sie dort eine Kerze an und legen Blumen nieder. Das Sechsfamilienhaus im nördlichen Stadtzentrum der 17 000-Einwohner-Stadt wirkt am Donnerstag verlassen. Es ist ein altes Haus mit brauner Fassade. Auf dem Hof, von dem Corinna am Dienstag beim Spielen verschwand, sind grüne Wäscheleinen gespannt. Eine Garnitur weißer Plastikstühle lehnt ordentlich um einen runden Tisch.

Vor dem schmucken Renaissance-Rathaus Eilenburgs wächst unterdessen ein Blumen- und Lichtermeer. Fast im Minutentakt kommen Nachbarn, Bekannte, Spielkameraden. „Du bleibst immer in unserem Herzen“, steht auf einem Blatt Papier, das neben einem Hasen, einer Kuh und einem Säbelzahntiger aus Plüsch liegt. Jungen und Mädchen aus der Kinder- und Jugendarche, einem offenen Treffpunkt in Eilenburg, fassen sich bei den Händen und denken an ihre Freundin Corinna. Viele Kinder schluchzen. „Ihr könnt ruhig weinen“, sagt eine Betreuerin, die selbst mit den Tränen ringt.

Auch Eilenburgs Bürgermeister Hubertus Wacker legt einen Blumenstrauß vor die Rathaustreppe. Er kämpft um Worte: „Man ist so hilflos, machtlos, sprachlos. Es ist erschreckend, wenn das eine Stadt so direkt betrifft. Man fährt plötzlich mit ganz anderen Augen durch die Straßen.“ Wacker kennt den Lebensgefährten von Corinnas Mutter. „Er ist bei uns in der freiwilligen Feuerwehr.“

An vielen Straßenecken in Eilenburg stehen am Donnerstag Polizeiautos. Ermittler in Overalls mit weißen oder blauen Handschuhen ziehen von Hauseingang zu Hauseingang, untersuchen Mülltonnen, überwachen die Abfuhr von Glascontainern. Die Polizisten suchen unter anderem die Oberbekleidung von Corinna. Zwei ältere Frauen beobachten das Geschehen. „Schlimm ist das. Schlimm. Hoffentlich kriegen sie den“, sagt die eine. Ihre Bekannte ist sicher: „Den kriegen sie schon.“

Corinna ist das dritte Kind in drei Jahren, das in Sachsen getötet wurde. 2007 sorgte der Tod Mitjas (9) aus Leipzig für Fassungslosigkeit, vor fast genau einem Jahr, im August 2008, fiel Michelle (8) ebenfalls in Leipzig einem Mörder in die Hände. Mitjas Mörder wurde gefasst, und in gut zwei Wochen beginnt im Landgericht Leipzig der Prozess gegen den 19 Jahre alten geständigen Täter im Fall Michelle. Nach dem Mörder der kleinen Corinna wird noch gesucht – mit einer 80-köpfigen Sonderkommission. (dpa)

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