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Transrapid-Unglück: Strecke hatte Sicherheitslücken

Nach dem schweren Transrapid-Unglück im Emsland gibt es deutliche Hinweise auf menschliches Versagen als Unglücksursache. Der Betreiber der Versuchsstrecke hat erhebliche Sicherheitslücken eingeräumt.

Berlin/Lathen - Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte sich mit dem Konsortium der Magnetschwebebahn und Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber (CSU) getroffen. Nach Tiefensees Angaben hat der Betreiber der Transrapid-Versuchsstrecke IABG erhebliche Sicherheitslücken eingeräumt. Bei dem Unglück am Freitag waren 23 Menschen getötet und 10 verletzt worden, einige davon schwer. In Lathen wurde am Wochenende in mehreren Gottesdiensten der Opfer gedacht. Ein zentraler ökumenischer Gottesdienst ist zudem für Mittwoch geplant.

Tiefensee warnte davor, die Technologie der Magnetschwebebahn voreilig zu verurteilen. Zusammen mit Huber kündigte er an, ein gemeinsames Gutachten beim Eisenbahn-Bundesamt in Auftrag geben zu wollen. Huber sagte, bei dem Münchner Transrapid-Projekt sei ein "integriertes Sicherheitssystem" vorgesehen, in das alle Fahrzeuge eingebunden seien, die sich auf der Strecke bewegten. Daher könne in München technisch von einem höheren Sicherheitsgrad als bei der Strecke im Emsland ausgegangen werden.

Die Osnabrücker Staatsanwaltschaft geht nach Angaben eines Sprechers inzwischen von einem Fehler in der Leitstelle aus. An der Unglücksstelle an der Versuchsstrecke der Magnetschwebebahn bei Lathen sicherten die Einsatzkräfte am Wochenende die Spuren. Am Sonntagmorgen trafen weitere Gutachter ein, um den zerstörten und noch beschlagnahmten Zug in Augenschein zu nehmen, wie ein Polizeisprecher sagte.

Alle Opfer identifiziert

Bei dem Unglück waren 21 Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 40 und 66 Jahren ums Leben gekommen. Alle Opfer konnten laut Polizei identifiziert werden. Unter den Toten waren drei IABG-Mitarbeiter und zwei US-Amerikaner. Von den zehn Verletzten - darunter ein Zugführer und ein Zugbegleiter - konnten einige inzwischen die Krankenhäuser wieder verlassen. In Lebensgefahr schwebe keiner von ihnen mehr. Mit den ersten Vernehmungen sei begonnen worden.

"Einer der beiden Mitarbeiter der Leitstelle hat den Transrapid offenbar losgeschickt, obwohl dokumentiert war, dass auch der Arbeitszug noch auf Stütze 120 stand", sagte Staatsanwalt Alexander Retemeyer am Sonntag. Dies werfe viele Fragen auf. Die manuell gefahrene Magnetschwebebahn war mit einer Geschwindigkeit von etwa 170 Kilometern pro Stunde in den Bauwagen gerast und kam erst nach etwa 400 Metern zum Stehen.

Offenbar menschliches Versagen

Die Mitarbeiter der Leitstelle hätten die Fahrtfreigabe für den Transrapid erst erteilen dürfen, wenn das andere Fahrzeug, das jeden Morgen Äste von der Trasse sammelt, wieder in den Bahnhof gefahren sei. Sie hätten sich persönlich davon überzeugen müssen, dass der Arbeitswagen die Strecke verlassen habe, sagte Retemeyer. Die unter Schock stehenden Fahrdienstleiter sollen in den kommenden Tagen vernommen werden.

Derzeit werde der Funkkontakt ausgewertet. Dies sei sehr langwierig, da es zwei Funksysteme gebe und acht Tonspuren einzeln abgehört werden müssten. Zudem seien die Gespräche sehr leise aufgezeichnet worden, sagte Retemeyer. In einem der Gespräche teile ein Mitarbeiter des Arbeitswagens mit, dass "das Fahrzeug jetzt abgestellt worden ist". Kurz nach dem Unfall habe sich ein Überlebender aus dem Zug über Funk mit den Worten gemeldet: "Ich höre Schreie. Da muss noch jemand leben", sagte Retemeyer weiter. (tso/ddp)

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