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Panorama: U-Boot-Unglück: Russlands Medien würdigen westliche Technik und Teamgeist - alles das, was sie in ihrer Armee schmerzlich vermissen

Die Moskauer Medien lassen spätestens seit dem Wochenende ihrem Unmut freien Lauf. Zwar erscheinen am Montag in Russland kaum Zeitungen.

Die Moskauer Medien lassen spätestens seit dem Wochenende ihrem Unmut freien Lauf. Zwar erscheinen am Montag in Russland kaum Zeitungen. Doch die privaten TV-Sender und Radiostationen sind sich weitgehend einig: Es sei "unverständlich" - im Nachrichtenstudio von NTW ist sogar von "unverantwortlich" die Rede - dass Moskau nach der U-Boot-Katastrophe anfänglich ausländische Hilfsangebote abgelehnt habe. Die Norweger, so der Tenor, hätten in weniger als dreißig Stunden mehr bewegt als Russlands ganze Kriegsmarine zuvor.

Auffällig ist zudem, dass Journalisten wie Experten sich weniger an der Überlegenheit der westlichen Geräte festbeißen, wie dieses durch die ersten Unterwasseraufnahmen belegt wurde. Mit Bewunderung, ja fast mit Ehrfurcht lobt sogar das russische Staatsfernsehen "Teamgeist und Logistik" der zunächst heftig geschmähten Retter aus dem Nato-Land Norwegen. Es sei "beeindruckend", so der O-Ton, dass auf dem norwegischen Schiff und bei den Bergungstrupps selbst "jedes Detail bis ins Kleinste durchdacht ist und alle genau wissen, was sie zu tun haben." Das spricht unfreiwillig Bände über den Zustand in den eigenen Reihen.

Dass die russischen Rettungskapseln nutzlos sind, war schon nach den ersten missglückten Tauchgängen offensichtlich. Daran waren zwar auch deren Alter und der damit zwangsläufig verbundene technische Rückstand schuld. Noch verheerender aber wirkten sich womöglich Chaos, schlechte Koordinierung und das auch von den Norwegern schon monierte Kompetenzgerangel aus. Auch wenn Regierung und Flotte zunächst alles taten, um das Ausmaß der Tragödie zu verharmlosen, musste auch bei loyalen Untertanen alsbald der Eindruck entstehen, dass Russlands Kriegesflotte auf Katastrophen dieser Art nicht im Mindesten vorbereitet ist.

"Menschen rosten schneller als Technik, wenn sie nicht in ihrem eigentlichen Beruf arbeiten können", sagt Admiral a.D. Eduard Baltin, der bis Mitte der Neunziger den russischen Teil der Schwarzmeerflotte befehligte. Früher hätte der Gegner vor sowjetischen Kampftauchern "einen Mordsrespekt" gehabt. Deren Ausbildung wurde aber eingestellt, weil die Ausrüstung zu teuer sei. Momentan gäbe es in der gesamten Flotte nur noch zwei Tiefseetaucher.

Zwar sah das Programm für die Zusammenarbeit zwischen Russland und der Nato für Sommer 1999 eine gemeinsame Übung in der Barentssee vor, bei der Rettungsoperationen trainiert werden sollten. Besonderes Gewicht sollte dabei auf die Problembehandlung bei den zwangsläufig abweichenden technischen Parametern von russischer und Nato-Technik gelegt werden. Doch dazu kam es nicht. Moskau setzte das Abkommen nach Beginn der Kosovo-Krise einseitig aus.

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