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Panorama: Und die schlimmste Gewinner-Rede geht an ...

Was ist mit den Briten los? Klar, es läuft schon ein wenig dumm für sie.

Von Andreas Oswald

Was ist mit den Briten los? Klar, es läuft schon ein wenig dumm für sie.Sie, die zu Recht stolz sind auf die Schauspielkunst im Vereinigten Königreich, die zurecht stolz sind auf die Erfolge des britischen Films in der Welt, müssen mit einer Demütigung leben.Die weibliche Hauptrolle in urbritischen Historienfilmen wird zusehends nicht von einer britischen Schauspielerin gespielt, sondern von einer Amerikanerin, die die Rolle einer Britin besser spielen kann als irgendeine Schauspielerin aus dem Königreich: Gwyneth Paltrow.Schon bei "Emma" hat es die Briten gewurmt, daß es partout nicht gelang, eine Darstellerin zu finden, die es mit ihr aufnehmen kann.Und jetzt der Riesenerfolg von "Shakespeare in Love".

Der meistausgezeichnete Film der Oscar-Verleihung, britisch wie er nur britisch sein kann, hat sein Erfolg die Briten begeistert? Nein, nichts als Häme, Mäkeleien und Kleinkariertheit beherrschen die Zeitungen einen Tag danach.Der Film wird in seiner Qualität herabgewürdigt, die Hauptdarstellerin Gwyneth Paltrow sogar beleidigt.Daß der "Independent" im ersten Satz seiner Oscar-Berichterstattung darauf hinweist, wie traurig das Ergebnis für viele englische Darstellerinnen ist, die an Gwyneth Paltrows statt die Rolle hätten spielen können, klingt noch harmlos, vielleicht ein wenig uncool.Der "Guardian", etwas kühler, betrachtet das Ganze aus der Sicht von Weltökonomen: "Puristen mögen sich darum sorgen, daß Shakespeare in Love eher ein internationaler als ein britischer Erfolg ist - finanziert mit ausländischem Geld und besetzt mit australischen und amerikanischen Schauspielern.Doch das ist es nun gerade, was die Globalisierung ausmacht".

Die ultimative Einschätzung gab, wie zu erwarten war, das britische Massenblatt "The Sun".Es beleidigte Gwyneth Paltrow als "alberne, überemotionale Hollywood- Schauspielerin" und goß Spott über ihre Dankesrede aus.Shakespeare, so schrieb das Blatt, hätte sich im Grabe umgedreht über das Verhalten der Amerikanerin bei der Entgegennahme des Oscars als beste Hauptdarstellerin.Zwar habe die 26jährige in "Shakespeare in Love" ihre Rolle als Viola de Lesseps "fast perfekt" ausgefüllt.Sie habe fast glauben lassen, sie sei eine richtige Britin.Doch als Paltrow bei ihrer Rede "geflennt" habe, hätten "wahre Briten" für den bescheidenen, würdigen Auftritt ihrer Landsfrau Judi Dench bei der Oscar-Zeremonie gedankt.Die 64jährige erhielt für ihre kurzen Auftritte als Königin Elizabeth I.im gleichen Film den Oscar als beste Nebendarstellerin."Eine Gott sei dank ruhige, gesammelte Dame Judi (Dench) war da, um uns die wahre Bedeutung von Cool Britannia zu zeigen", schrieb die "Sun".

Solche uncoolen Reaktionen sind eigentlich nicht die britische Art.Vor allem nicht, wenn die Briten einer Amerikanerin unbritisches Verhalten vorwerfen.Das Schluchzen und Weinen von Gwyneth Paltrow nach Entgegennahme des Oscars kam freilich auch anderen etwas überdreht vor.Wie kann man sich nur so gehen lassen.Aber warum eigentlich nicht? Vielleicht hat Gwyneth Paltrow dieses mädchenhaft-überspannte Weinen perfekt gespielt.Dann hat sie noch einmal bewiesen, daß sie den Oscar verdient hat.

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