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Eklat. Kapitän Andreas Jungblut.

© dpa

Panorama: Unter fremder Flagge

Warum der Kapitän des „Traumschiffs“ MS Deutschland beim Olympia-Einsatz in London von Bord ging.

Die MS Deutschland hat Symbolcharakter. Vielen dürfte sie als Kulisse des „Traumschiffs“, einer der ältesten deutschen Fernsehserien, bekannt sein. Zur Zeit liegt sie als offizielles „Deutsches Schiff London 2012“ im Londoner Hafen. Von dort aus soll sie die deutschen Olympia-Athleten nach den Spielen zurück nach Hamburg bringen.

Doch nicht nur das: Die MS Deutschland war auch das letzte deutsche Kreuzfahrtsschiff, das noch unter deutscher Flagge in See sticht. Damit soll nun Schluss sein. Schon kurz nach den Olympischen Spielen soll die maltesische statt der deutschen Flagge über dem Achterdeck wehen. Nun wehrt sich die Besatzung gegen die Pläne der Reederei – und wird dabei von ihrem Kapitän, Andreas Jungblut, unterstützt. Laut „Bild“ soll es jetzt zu einem heftigen Eklat zwischen der Reederei und dem Kapitän gekommen sein. Jungblut sei des Schiffes verwiesen worden, berichtete „Bild“ und schrieb von „Meuterei“. Eine Sprecherin der Reederei sagte hingegen, Jungblut sei aus seinem lange geplanten Urlaub an Bord gekommen. Er habe die Frage, warum er nicht seinen Urlaub genieße, als unfreundlichen Rauswurf aufgefasst. Sie äußerte zudem Unverständnis darüber, dass der Kapitän die Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit austrage und sich so wenig konstruktiv äußere.

Bereits im Mai hatte die MS Deutschland für Schlagzeilen gesorgt, als die Reederei erstmalig bekannt gab, dass sie aus Kostengründen zukünftig unter der maltesischen Flagge in See stechen wolle. Grund hierfür seien vor allem die Kürzung von Zuschüssen für deutsche Schiffe seitens der Bundesregierung. „Der Gesetzgeber hat leider in den letzten Monaten endgültig entschieden, Finanzmittel, die früher die erheblichen Kostennachteile eines im deutschen Schiffsregister geführten Schiffes zumindest teilweise ausgeglichen und damit die Chancengleichheit auf dem Markt gesichert haben, um mehr als 80 Prozent zu kürzen“, teilte die Reederei damals in einer Pressemitteilung mit. Dieser Darstellung widersprach der Wirtschaftsstaatsekretär Hans Joachim Otto jedoch entschieden: „Die Bundesregierung steht zu ihrer Verantwortung für die deutsche Seeschifffahrt“, sagte Otto. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium hieß es weiterhin, dass die Reederei den arbeitsrechtlichen Voraussetzungen für eine volle Förderung nicht entsprochen habe. Deshalb seien ihr die Fördermittel teilweise gestrichen worden. Ähnlich äußerte sich auch Karl-Heinz Biesold, der Sprecher der Verdi-Fachgruppe Schifffahrt. So habe die Reederei beispielsweise sogenannte Kettenverträge an Beschäftigte aus dem Bereich der Hotellerie vergeben, die das Beschäftigungsverhältnis auf die Dauer einer Kreuzfahrt beschränkten. Zwischen den Fahrten mussten sich die Mitarbeiter arbeitslos melden. „Dass so ein Vorgehen nicht auch noch mit Mitteln der Schifffahrtsförderung unterstützt werden soll, ist doch selbstverständlich“, sagte Biesold. Nun versuche die Reederei, unter maltesischer Flagge deutsches Arbeitsrecht und deutsche Tarifverträge zu umgehen. Das Umflaggen der MS Deutschland hat so durchaus nicht nur symbolhaften Charakter, sondern wirkt sich langfristig auf die Situation der Besatzung aus. Sollte die MS Deutschland bald unter maltesischer Flagge fahren, so gilt dort maltesisches Arbeitsrecht. Für die Besatzung hätte dies erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen.

Freitagabend wurde Bundespräsident Joachim Gauck auf der MS Deutschland erwartet, um dort offizielle Gäste zu empfangen. „Wir hoffen, dass der Bundespräsident auch mal ein paar Worte mit der Besatzung wechselt“, sagte der Verdi-Sprecher Biesold. Zum Gauck-Besuch sollte noch die deutsche Fahne über dem Schiff wehen.

Emily Katzenstein

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